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Mann im Home Office mit Kleinkind im Arm

Fokus Gesundheit in den Betrieben

Ausgabe Nr. 133
Mär. 2022
Betriebliches Gesundheitsmanagement

Leitartikel. Das BAG beschäftigt sich seit mehreren Jahren mit dem Setting Arbeitsplatz und sucht Wege und Massnahmen, um die Gesundheit in der Arbeitswelt zu verbessern. Dabei kommt der Förderung des betrieblichen Gesundheitsmanagements (BGM) eine zentrale Rolle zu. Es geht darum, systematisch die Gesundheit und die Leistungsfähigkeit sicherzustellen – über alle Betriebsbereiche und Altersgruppen hinweg, vom Berufseinstieg bis zur Pensionierung.

«Die Gesundheit in der Arbeitswelt fördern», so fasst der Bundesrat das Ziel in seiner Gesamtstrategie «Gesundheit2030» zusammen. Dass das Setting Arbeitswelt viel zur Gesundheit der Bevölkerung beitragen kann, liegt auf der Hand: Eine angestellte Person verbringt durchschnittlich 20 bis 30 Prozent des Tages am Arbeitsplatz. Die Gesundheit am Arbeitsplatz hat in der Schweiz einen hohen Stellenwert: Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz sowie Schutz vor Arbeitsunfällen sind gesetzlich verankert. Gemäss Arbeitsgesetz sind Arbeitgeber verpflichtet, alle angemessenen Massnahmen zum Schutz der Gesundheit von Arbeitnehmenden zu treffen.  Daneben setzen immer mehr Un­ternehmen in der Schweiz zusätzlich auf das freiwillige betriebliche Gesundheitsmanagement (BGM). Eine Erhebung von Gesundheitsförderung Schweiz (GFCH) aus dem Jahre 2020 hat gezeigt, dass mittlerweile 75 Prozent der Betriebe mit mehr als
50 Mitarbeitenden auf Gesundheitsförderung setzen, 26 Prozent davon gar systematisch. In diesem «spectra» werfen wir einen Blick auf den Stand des BGM in der Schweiz: Wie hat sich der Bereich entwickelt? Welche Ziele werden verfolgt? Welche Aufgaben übernimmt das BAG?

Betriebliche Strukturen gestalten

Wie wird BGM definiert? «BGM ist das systematische Optimieren von gesundheitsrelevanten Faktoren im Betrieb. Es schafft durch die Gestaltung betrieblicher Strukturen und Prozesse die Voraussetzungen für die Gesundheit der Mitarbeitenden und trägt so zum Unternehmenserfolg bei. BGM bedingt die Mitwirkung aller Personengruppen im Betrieb, ist integriert in die Unternehmensführung und zeigt sich in der gelebten Unternehmenskultur.» So hält es die Charta der institutionellen Plattform BGM (IP BGM) fest, einer Plattform, in der das BAG zentrale nationale Akteure im Bereich der Gesundheit im Setting Arbeitswelt zusammengeschlossen hat.  Die Ziele eines BGM bestehen also darin, die Belastungen am Arbeitsplatz zu reduzieren und die persönlichen Ressourcen zu stärken. Durch gute Arbeitsbedingungen und Lebensqualität am Arbeitsplatz werden auf der einen Seite die Gesundheit und die Motivation nachhaltig gefördert und auf der anderen Seite Produktivität, Qualität und Innovationsfähigkeit der Betriebe erhöht. BGM ist in der Schweiz ein vergleichsweise junger Ast des Gesundheitsförderungs- und Präventionsbereichs. Grundlagen für die BGM-Umsetzung in der Schweiz sind aktuell die eingangs erwähnte Strategie des Bundesrates sowie die Strategie zur Prävention nichtübertragbarer Krankheiten (NCD-Strategie). Die Massnahmen der NCD-Strategie unterstützen nicht nur den Ausbau von BGM in den Betrieben, sondern auch das freiwillige Engagement der Wirtschaft, einen gesünderen Lebensstil zu ermöglichen, zum Beispiel mithilfe von gesünderen Produkten oder Bewegungsangeboten.

Die Ziele eines BGM bestehen darin, die Belastungen am Arbeitsplatz zu reduzieren und die persönlichen Ressourcen zu stärken

Stress, Mobbing, Burnout

Zu einer umfassenden Betrachtung von BGM gehört auch der Blick auf die psychische Gesundheit am Arbeitsplatz, denn Stress, Mobbing, Burnouts sind häufige Belastungen (siehe Artikel Seite 8). «Führungskräfte wie auch Angestellte sollten wissen, was es braucht für die Gesundheit am
Arbeitsplatz – auch auf der psy­chischen Ebene», sagt Lea Pucci-Meier, Projektleiterin psychische Gesundheit beim BAG. Dabei sei klar, dass Arbeit nicht nur Risikofaktor für die psychische Gesundheit sei, sondern auch ein wichtiger Schutzfaktor. Die Prävention von psychosozialen Belastungsfaktoren am Arbeitsplatz ist eine explizite Stossrichtung der Strategie «Gesundheit2030».

Viele Akteure beteiligt

Im Bereich Gesundheit am Arbeitsplatz sind in der Schweiz viele Akteure auf kantonaler wie nationaler Ebene tätig, darunter etwa

- das Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO),

- die Beratungsstelle für Unfallverhütung (BFU),

- das Bundesamt für Sozialversicherung (BSV),

- die Eidgenössische Kommission für Arbeitssicherheit (EKAS),

- Gesundheitsförderung Schweiz (GFCH),

- der Interkantonale Verband für Arbeitsschutz (IVA),

- die Schweizerische Versicherungsanstalt (Suva),

um nur einige zu nennen (siehe Artikel Seite 5). Um einen besseren Überblick über die verschiedenen Akteure und deren Aufgaben zu erhalten, hat die IP BGM eine Übersichtskarte erstellt und diese in drei Bereiche unterteilt: (1) betriebliche Gesundheitsförderung, (2) Arbeits­sicherheit und Gesundheitsschutz sowie (3) Abwesenheitsmanagement und Reintegration (Umgang mit Absenzen und Rückkehr an den Arbeitsplatz nach einer Erkrankung oder nach einem Unfall).  Welche Rolle hat das BAG in dieser Akteurslandschaft? Das Amt übernimmt Koordinationsaufgaben, erhebt Daten und finanziert Studien. Das BAG ist Mitglied der IP BGM und tauscht sich dort regelmässig mit anderen Akteuren aus. «Die Partnerschaft ist wichtig», so David Hess-Klein, wissenschaftlicher Mitarbeiter im BAG. «Wir versuchen, die Probleme gemeinsam von verschiedenen Seiten anzugehen. Jeder trägt seinen Teil zur Lösung bei.»  Im Bereich Forschung plant das BAG etwa eine Analyse über neue Arbeitsformen und ihre Auswirkungen auf die Gesundheit. Der Hintergrund: Die Arbeitswelt ist grossen Veränderungen unterworfen. Einerseits ist das positiv, wenn zum Beispiel in einem voll automatisierten Lager weniger Unfälle geschehen oder neue Baumaschinen die Sicherheit von Forstarbeitern erhöhen. Andererseits kann die Entwicklung auch negative Aspekte bringen, zum Beispiel wenn Menschen im Homeoffice vermehrt am Abend und am Wochenende arbeiten. Die angedachte Analyse soll diese Aspekte der neuen Arbeitsformen beleuchten und Massnahmen zur Prävention der Risiken vorschlagen.  Eine weitere Studie, die derzeit in Planung ist, fokussiert auf den Bereich Aus- und Weiterbildung (siehe Interview Seite 6). Hier geht es darum, analog zur Akteurslandschaft einen Überblick über das Angebot an Aus- und Weiterbildungen zu erhalten. Das Ziel dieser Studie besteht darin, zu untersuchen, ob es zwischen den bestehenden Angeboten Synergiemöglichkeiten gibt oder ob allfällige Angebotslücken bestehen.

Fokus auf Arbeitslosigkeit und KMU

«Auf jeden Fall gibt es im Bereich BGM noch viel zu tun», so David Hess-Klein. Neben den erwähnten Massnahmen besteht zum Beispiel noch Potenzial bei Menschen, die von Arbeitslosigkeit bedroht sind. Ein umfassendes BGM beinhaltet auch die Integration von Mitarbeitenden, die aufgrund gesundheitlicher Probleme oder anderer Faktoren (z.B. Alter) aus dem Arbeitsleben auszuscheiden drohen. Ein weiterer Bereich, der in den kommenden Jahren im Fokus stehen wird, sind die KMU. Viele grosse Unternehmen haben BGM mittlerweile fix in ihre Strukturen integriert und setzen dieses systematisch um. KMU mit weniger als 50 Mitarbeitenden haben aber oft nicht die personellen Ressourcen, um BGM firmenintern konsequent umzusetzen. Hier entwickelt zum Beispiel Gesundheitsförderung Schweiz spezifische Angebote für kleinere Betriebe.

Führungskräfte vom Nutzen überzeugen

Das Ziel des BAG besteht darin, dass sich das BGM auch in Zukunft weiter etabliert. Dazu braucht es den Einbezug der Führungskräfte. «Die Rolle der Führungskräfte bei der Umsetzung von BGM ist zentral», so Hess-Klein. Hier brauche es weitere Anstrengungen. Die Führungskräfte müssen überzeugt sein vom Nutzen – für die Gesundheit der Mitarbeitenden, aber auch für das eigene Unternehmen. Denn BGM bedeutet für die Betriebe in einem ersten Schritt Aufwand, finanziell und personell: Fachleute im Unternehmen müssen ausgebildet werden, es braucht Geld für die Umsetzung von BGM-Massnahmen und ein Nutzen ist meist nicht unmittelbar erkennbar. Dass sich BGM aber mittel- und langfristig auszahlt, das belegen zahlreiche Studien.

Hören Sie unseren Podcast N°19 passend zum Thema:

Links

Kontakt

David Hess-Klein
Sektion Gesundheitsförderung und Prävention
david.hess-klein@bag.admin.ch


Lea Pucci-Meier
Sektion Nationale Gesundheitspolitik

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