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Ganzheitliche Ansätze in der Gesundheitsversorgung

Ausgabe Nr. 137
Jun. 2023
Gesundheit und Soziales: Schnittstellen stärken

Um die Versorgung von Menschen mit chronischen oder mehrfachen Erkrankungen zu verbessern, ist ein ganzheitlicher Ansatz notwendig. Zahlreiche Beispiele aus der Schweiz zeigen, dass es sich lohnt, die individuelle Gesundheitsversorgung über die ganze Behandlungs­kette hinweg zu koordinieren.

Betagte und mehrfach kranke Menschen sind in vielen Spitalabteilungen die grösste Patientengruppe. Sie nehmen zum Teil viele unterschiedliche und aufwendige Gesundheitsleistungen in Anspruch: Komplexe Fälle – unter ihnen chronisch kranke und psychisch kranke Menschen sowie Sozialhilfeempfängerinnen und -empfänger – machen nur 10 Prozent der Patientinnen und Patienten aus, verursachen aber gemeinsam 70 bis 80 Prozent der Kosten. Bei der Behandlung dieser Personen besteht grosser Koordinationsbedarf. Der Bundesrat hat den Handlungsbedarf erkannt und im Jahr 2015 das Projekt «Koordinierte Versorgung» initiiert. 

Hohes Mass an Zusammen­arbeit

Eine gute Behandlung orientiert sich an einem ganzheitlichen, koordinierten Ansatz, bei dem die Bedürfnisse der Betroffenen im Zentrum stehen und die verschiedenen Rollen und Verantwortlichkeiten geklärt sind. Weil zum Beispiel geriatrischen Patientinnen und Pa­tienten körperliche und psychische Reserven fehlen, kann ein so banales Ereignis wie ein Sturz im Treppenhaus im schlimmsten Fall eine Kettenreaktion weiterer Komplikationen auslösen. Es kommt zu einer gesundheitlichen Abwärtsspirale, die eine zunehmende Pflegebedürftigkeit nach sich zieht. Auch bei anderen Patientengruppen wie etwa Suchterkrankten erfordert die Behandlung deshalb ein hohes Mass an Zusammenarbeit von Fachleuten verschiedener Sparten.

Wichtig dabei ist das Wissen um den Willen der Patientin oder des Patienten. Eine Patientenverfügung hilft Pflegenden sowie Ärztinnen und Ärzten auf Intensivstationen, die Behandlungen auf die Wünsche von urteilsunfähigen Menschen abzustimmen. Bei der fachlichen Ausarbeitung der Verfügungen kommt den Hausärztinnen und Hausärzten eine Schlüsselrolle zu. Sie kennen einerseits die Konsequenzen von Therapieentscheiden, andererseits aber auch die Lebensumstände und die Werthaltung ihrer Patientinnen und Pa­tienten.

Nachahmenswerte Modelle

Ganzheitliche Ansätze bieten in vielen Gesundheitsbereichen einen Mehrwert. Der Fachverband Sucht etwa hat in der Region Lenzburg ein Pilotprojekt zur Zusammenarbeit von Suchthilfe und Spitex lanciert. Im Zentrum stehen Menschen, die aufgrund einer Krankheit nicht mehr in der Lage sind, ihre Wohnung zu verlassen. Stellt beispielsweise eine Fachperson der Spitex bei einem solchen Klienten Anzeichen einer Alkohol­abhängigkeit fest, kann sie frühzeitig die Suchtberatung mit einbeziehen. Die Spitex wird entlastet und die Suchtberatung erhält Zugang zu einer bisher kaum erreichten Patientengruppe.

Schnittstellen in der Versorgung gibt es auch bei der Behandlung von Menschen, die gleichzeitig an einer psychischen und einer körperlichen Krankheit leiden. Das BAG hat dazu einen Bericht erstellen lassen, der acht empfehlenswerte Modelle beschreibt und analysiert (siehe Link). So gehen die Solothurner Spitäler AG bei der Verlegung komorbider Patientinnen und Patienten zwischen der Akutsomatik und der Psychiatrie nach einem Leitfaden vor. 

​Planung von Anschlusslösungen

Die Koordination rund um den Spitalaustritt ist besonders anspruchsvoll. Gerade hochbetagte, mehrfach kranke Menschen sind nach einem Spitalaufenthalt oft auf neue Pflege- und Betreuungsangebote angewiesen. Auch in diesem Bereich gibt es nachahmenswerte Modelle, die sich in der Praxis bewähren.

In der Region Lausanne etwa stärkt ein Programm die Schnittstelle zwischen dem Universitätsspital CHUV und der Spitex respektive den Pflegeheimen. Regionale Stellen informieren und beraten Betroffene zum Prozedere des Spitalaufenthalts und koordinieren Anschlusslösungen wie die Platzierung in einem Pflegeheim. Zudem sorgen sie dafür, dass die Informationen zu den verordneten Medikamenten nicht verloren gehen oder dass Beratungen frühzeitig aufgegleist werden.

Das Kantonsspital Aarau wiederum hat ein Projekt entwickelt, das mit der Triage auf dem Notfall beginnt. Im Zentrum steht die Frage, wie hoch das medizinische Risiko und wie gross der Pflegebedarf von hochbetagten, fragilen Patientinnen und Patienten ist. Auch allfällige Anschlusslösungen nach dem Spitalaustritt werden bereits ins Auge gefasst. Solche Modelle verhindern Wartezeiten, verkürzen die Aufenthaltsdauer im Spital und verbessern die Patientensicherheit.

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Kontakt

Flurina Näf,
Sektion Nationale Gesundheitspolitik,

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