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Klimawandel: Gesundheitssysteme tragen zur Lösung und zum Problem bei

Ausgabe Nr. 135
Sep. 2022
Umwelt und Gesundheit

Der Klimawandel wirkt sich auf unsere Gesundheit aus: Hitzewellen, Verbreitung von Infektionskrankheiten, Ozonbelastung sind nur einige der Risikofaktoren. In der Gesundheitsversorgung sind die Auswirkungen bereits spürbar – gleichzeitig belasten Gesundheitssysteme das Klima nicht unwesentlich. Um Massnahmen zum Gesundheitsschutz zu treffen, engagiert sich das BAG unter anderem bei der Umsetzung des «Aktionsplans Anpassung an den Klimawandel 2020–2025».

«Die Erde hat Fieber, und das Fieber steigt.» Was der US-amerikanische Politiker und Klimaschützer Al Gore bereits 2007 ausgesprochen hat, wird immer spürbarer. Ohne Klimaschutzmassnahmen wird die mittlere Jahrestemperatur gemäss Schweizer Klimaszenarien CH2018 bis Mitte dieses Jahrhunderts um weitere 2 bis 3 Grad zunehmen. Mit konsequentem Klimaschutz hingegen liessen sich bis 2060 zwei Drittel der möglichen Auswirkungen auf das Klima vermeiden.*1

Klimawandel betrifft gesamte öffentliche Gesundheit

Bereits heute häufen sich extreme Wetterereignisse wie Hitzewellen, Überschwemmungen oder Erdrutsche. Dies betrifft auch unsere Gesundheit. Nicht ohne Grund wird der Klimawandel als grösste Gesundheitskrise des 21. Jahrhunderts bezeichnet.*2

Klimaveränderungen wirken sowohl direkt – etwa über Hitze oder Smog – als auch indirekt über eine Veränderung der Ökosysteme auf unsere Gesundheit. Sie haben einen Einfluss auf nichtübertragbare Krankheiten wie Herz-Kreislauf- Erkrankungen, auf übertragbare Krankheiten wie Atemwegsinfektionen und auf die psychische Gesundheit, etwa indem sie Stress oder Erschöpfung auslösen. Der Klimawandel – inklusive Biodiversitätsverlust – ist deshalb auch einer von vier Themenschwerpunkten in der «Roadmap Umwelt und Gesundheit», die das BAG zusammen mit dem Bundesamt für Umwelt (BAFU) zurzeit ausarbeitet.

Gesundheitssysteme: Treiber von CO2-Emissionen

Die Gesundheitssysteme haben mit Blick auf den Klimawandel eine Doppelrolle: Sie liefern einerseits Gesundheitsleistungen zur Behandlung klimabedingter Erkrankungen. Sie sind aber auch selber bedeutsame Treibhausgasemittenten. In der Schweiz ist das Gesundheitssystem Schätzungen zufolge für 6,7 Prozent des landesweiten CO2-Fussabdrucks verantwortlich.*3 «Das ist vielleicht paradox – denn unser Credo als Mediziner lautet ja: ‹vor allem nicht schaden›», sagt dazu Tedros Adhanom Ghebreyesus, Generaldirektor der Weltgesundheitsorganisation WHO. «Institutionen im Gesundheitswesen sollten eine Vorbildfunktion übernehmen und nicht zur Krankheitslast beitragen.»

Das vom Schweizer National- fonds unterstützte Forschungspro- jekt «Green Hospital» (2018–2022) hat sich diesem Thema gewidmet und untersuchte, welche umweltre- levanten Prozesse in einem Spital optimiert werden können. Die grössten Einsparpotenziale hinsichtlich Treibhausgasemissionen ergeben sich bei der Energieversorgung (Einsparpotenzial Wärme/Kälte: 26 % eines Durchschnittsspitals, Strom: 9%), der Spitalverpflegung (17%), der Gebäudeinfrastruktur (15 %) und bei Medikamenten (12%).*4 Gerade beim Catering gibt es Massnahmen, die rasch umgesetzt werden können, beispielsweise indem Fleisch seltener angeboten wird.

Lösungen sind sektorübergreifend

Die Auswirkungen des Klimawandels betreffen aber nicht nur die Gesundheitsversorgung, sie sind auch eng verknüpft mit anderen Bereichen wie Lebensmittelsicherheit, Naturgefahren, Landwirtschaft, Energie usw. Deshalb ist der Bund bestrebt, sektorübergreifende Lösungen zu finden. Den Rahmen für ein koordiniertes Vorgehen hat der Bundesrat 2012 mit der Strategie «Anpassung an den Klimawandel in der Schweiz» geschaffen. Die Umsetzung für die Jahre 2020–2025 ist in einem Aktionsplan geregelt, in den auch das BAG involviert ist. Massnahmen zum Schutz der Gesundheit unter Federführung des BAG sind etwa das Bereitstellen von Informationen und Empfehlungen bei Hitzebelastung oder die Überwachung, Prävention und Früherkennung von Infektionskrankheiten, die zum Beispiel über Mücken verbreitet werden.

Das BAG engagiert sich auch im National Centre for Climate Services (NCCS), dem Netzwerk des Bundes für Klimadienstleistungen. Es hat die Federführung im Themenschwerpunkt «Gesundheit Mensch», der in Zusammenarbeit mit dem BAFU, dem Bundesamt für Bevölkerungsschutz (BABS), MeteoSchweiz und dem Swiss TPH bearbeitet wird. Neben dem Bereitstellen von Informationen für Fachpersonen, Behörden und die Bevölkerung (z.B. via www.hitze- welle.ch) werden auch wissenschaftliche Grundlagen und Präventionsmassnahmen erarbeitet, die über den Themenschwerpunkt des NCCS zur Gesundheit des Menschen veröffentlicht werden.

Weitere Erkenntnisse wird das NCCS-Programm «Entscheidungsgrundlagen zum Umgang mit Klimawandel in der Schweiz» (2022 bis 2025) generieren. Eines der sechs Projekte des Programms, das Projekt «Mensch- und Tiergesundheit», wird gemeinsam vom BAG und vom Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV) bearbeitet.

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*1 Bundesamt für Umwelt, Bericht «Klimawandel in der Schweiz», 2020 
*2 The Lancet, A Commission on climate change, 2009
*3 «Health Care’s Climate Footprint», Health Care Without Harm, 2019
*4 Green Hospital: Wenn das Standard-Menu im Spital vegetarisch ist, 2021

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Kontakt

Esther Walter
Sektion Nationale Gesundheitspolitik

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