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«Die suchtpolitische Fachdiskussion in die Gesellschaft tragen»

Ausgabe Nr. 82
Sep. 2010
Herausforderung Sucht

Sozietales Lernen. Nach der letzten Folge der «Suchtakademie» im Tessin vom März 2009 zum Thema sozietales Lernen forderte die Expertengruppe Weiterbildung Sucht die Berufsverbände auf, die Diskussion mit den Akteuren aus dem Feld weiterzuführen. Jean-Félix Savary, Generalsekretär des GREA, fasst seine Eindrücke von der Tagung vom 24. Juni in Lausanne zusammen.

Ziel der Veranstaltung war es, die sozialen und politischen Herausforderungen des Themenkomplexes Sucht zu diskutieren und kritisch zu hinterfragen. Die Tagung wurde im Auftrag der Expertengruppe Weiterbildung Sucht (EWS) von Sucht Info Schweiz, der Schweizerischen Gesellschaft für Suchtmedizin (SSAM) und dem Groupement Romand d’Etudes des Addictions (GREA) durchgeführt. Im Frühjahr 2010 veranstaltete der Fachverband Sucht in Zürich eine Konferenz zum gleichen Thema.

Die Tagung in der französischen Schweiz hat es, so Jean-Félix Savary, ermöglicht, Suchtarbeit unter dem Blickwinkel des sozietalen Lernens (s. spectra Nr. 76) zu betrachten. Die Debatte war um das Hauptthema der strukturellen Massnahmen aufgebaut (Regelungen der Verfügbarkeit und des Konsums von Sub­stanzen wie Steuern, Rauchverbote, Altersbegrenzungen usw.). Hier in Kürze einige der wichtigsten Resultate:

– Die Logik von strukturellen Massnahmen scheint manchmal wie «besetzt» zu sein durch die Fragen der Sicherheit und der Moral. Umso wichtiger ist es, zu unterstreichen, welche logische Bedeutung sie für die Präven­tion haben. Dafür genügt es, zum «Würfel»-Modell und seinen drei Dimensionen (Vier-Säulen-Modell, drei Arten von Konsum und den jeweiligen Substanzen) zurückzukehren, um diesen tragenden Bestandteil nicht aus den Augen zu verlieren. Wenn die strukturellen Massnahmen nicht genügend unter dem Gesichtspunkt von Prävention und Solidarität erklärt werden, können sie auch negative Auswirkungen haben, beispielsweise ein Verachtungsgefühl verursachen und somit den gesellschaftlichen Ausschluss der betroffenen Personen begünstigen. Es ist also wichtig aufzupassen, dass nicht neue Probleme verursacht werden und aufmerksam die Signale zu beachten, die aus dem Feld kommen.
– Das Leidkonzept muss in der Debatte wieder aufgenommen werden, um daran zu erinnern, dass es die betroffene Person ist, die im Zentrum der Anliegen der Fachleute steht. Welchen Bedürfnissen entsprechen sie, wenn sie neue Leistungen im Suchtbereich schaffen? Aber man darf dabei nicht vergessen, dass die Fachleute nicht alle Konsumprobleme lösen können.
– Über das leidende Individuum hinaus muss die Gesellschaft als Ganzes das Ziel der Arbeit der Fachleute sein. Das ist ihr Beitrag zu diesem sozietalen Lernen. Nur durch den regelmässigen Austausch über die Logik des professionellen Vorgehens können die Risiken vermieden werden, die der Einführung von strukturellen Massnahmen innewohnen.
– Um diese Herausforderung gesellschaftlicher Kommunikation zu meistern, müssen die Fachleute vorgängig die Begriffe und Botschaften klären. Es reicht nicht, wenn die Fachleute auf punktuelle Forderungen eingehen, sondern müssen auch zu einem breiten und kohärenten Diskurs beitragen, der für die Gesellschaft verständlich ist, damit sie ihn nachvollziehen und umsetzen kann.
– Früherkennung und Frühinterven­tion sind eine gute Gelegenheit, die Debatte mit anderen Fachleuten aufzunehmen, denn die hier angewendeten Massnahmen mobilisieren auch andere Hilfsnetze, deren Anliegen und Interventionslogik sich zum Teil von denen der Suchtspezialisten unterscheiden.
– Der ständige Dialog mit den Fachleuten anderer Disziplinen und allen anderen Partnern in der Gesellschaft ist unentbehrlich für das sozietale Lernen bei einer so komplexen Thematik wie der Suchtprobleme.

Anlässlich einer ähnlichen Zusammenkunft dieses Frühjahr in Zürich hatte sich der Fachverband Sucht die Aufgabe gestellt, die Botschaften der Fachleute an die Gesellschaft klarer zu formulieren.

Kontakt

Jean-Félix Savary, GREA, jf.savary@grea.ch

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