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Unerwartet viele Augenverletzungen mit Chemikalien

Augenverätzungen. In der Schweiz ereignen sich jedes Jahr rund 3000 Augenverletzungen durch chemische Produkte und Substanzen. Das sind mehr, als bislang vermutet. Glücklicherweise verlaufen nur die wenigsten Unfälle schwer. Am häufigsten sind Reinigungsmittel die Ursache für Augenverätzungen.

Bei Unfällen mit chemischen Produkten werden die Augen besonders häufig in Mitleidenschaft gezogen; das Auge ist ein hochempfindliches Organ, das schon bei leichten Expositionen schwere und bleibende Schäden erleiden kann. Rund 25‘000 chemische Produkte haben das Potenzial, solche Augenverletzungen zu verursachen. In vielen Ländern, so auch in der Schweiz, war bislang aber unklar, wie häufig es tatsächlich zu solchen Unfällen kommt. Um die Häufigkeit von Augenverletzungen durch Chemikalien sowie die Art der verursachenden Stoffe zu klären, hat das Bundesamt für Gesundheit (BAG) in Zusammenarbeit mit dem Inselspital Bern und dem Giftinformationszentrum Tox Info Schweiz verschiedene Studien durchgeführt.  

Vor allem Arbeitsunfälle

Die Häufigkeit von chemischen Augenverletzungen bei der arbeitenden Bevölkerung der Schweiz (4,28 Millionen) wurde mittels einer retrospektiven Kohortenstudie abgeschätzt. Alle Unfälle von Arbeitnehmenden, sowohl jene bei der Arbeit als auch zu Hause, müssen der Zentralstelle für Statistik gemeldet werden. Da dies Voraussetzung für die Erstattung von Unfallkosten ist, sind die resultierenden Daten sehr zuverlässig. 2012 wurden demnach 44‘994 traumatische Verletzungen des Auges und/oder dessen unmittelbaren Umgebung registriert. 3‘059 dieser Verletzungen wurden durch Chemikalien verursacht, wobei 2‘151 die Horn- und/oder Bindehaut betrafen. Das entspricht einer jährlichen Häufigkeit von 50 Augenverletzungen durch chemische Stoffe je 100‘000 Arbeitnehmende. Zum Vergleich: Eine Studie hat für die USA eine entsprechende Häufigkeit von 23,4 je 100‘000 Arbeitnehmer errechnet. Allerdings wurden dort nur Unfälle bei der Arbeit berücksichtigt.  

Betrachtet man die Gesamtbevölkerung der Schweiz, liegt die jährliche Häufigkeit von Augenverletzungen durch chemische Stoffe bei 32 pro 100‘000 Einwohner. Diese wurde aus Daten von Tox Info und der Universitätsspitäler Bern und Basel errechnet. In den Spitälern wurden allerdings nur von Augenärzten bestätigte Daten erfasst, was tendenziell tiefere Fallzahlen bewirkt. Trotzdem ist die Häufigkeit von Augenverletzungen durch Chemikalien in der Gesamtbevölkerung beträchtlich tiefer als in der arbeitenden Bevölkerung. Der Grund dafür könnte darin liegen, dass im Arbeitskontext häufiger und gefährlichere chemische Produkte verwendet werden als zu Hause.  

Trügerisch wenig Tox-Info-Konsultationen

Die Studie hat auch ergeben, dass bei Augenverletzungen durch Chemikalien die Notrufnummer von Tox Info Schweiz nur selten konsultiert wird: In den Jahren 2006 bis 2010 wurden dort jährlich nur gerade eine schwere und elf mittelschwere Augenverletzungen durch Chemikalien registriert. Die Medizinische Statistik verzeichnete hingegen im gleichen Zeitraum pro Jahr durchschnittlich 36 schwere chemische Augenverletzungen mit stationärer Behandlung. Tiefe Anrufzahlen bei Giftinformationszentren bedeuten also nicht unbedingt auch tiefe Unfallzahlen. Das BAG geht davon aus, dass sich bei Augenverätzungen die grosse Mehrheit der Betroffenen direkt an Notfallstationen oder Augenärzte wendet. Diese verfügen in der Regel über genügend Erfahrung, um Verletzungen auch ohne eine Konsultation eines Giftnotrufzentrums behandeln zu können. Eine zwischen Dezember 2012 und Oktober 2014 durchgeführten Studie bestätigt dies: Bei lediglich sieben von 163 Patienten mit Augenverätzungen haben die behandelnden Augenärzte und Notfallstationen Tox Info konsultiert. Dies entspricht einer Rate von lediglich 4,3%.  

Jeder fünfte Unfall mit Reinigungsmittel

Gemäss oben genannter Studie sind Gips und Zement mit 20,5% für die meisten Augenverätzungen verantwortlich, gefolgt von alkalischen (12,2%) und sauren (10,2%) Lösungen, zu denen auch alkalische bzw. saure Reinigungsmittel zählen. Die restlichen Reinigungsmittel verursachen 6,8% der Verletzungen. Insgesamt sind Reinigungsmittel der Grund für 21,5% der Augenverletzungen durch Chemikalien. Glücklicherweise sind schwere Fälle aber sehr selten: Nur 2% erreichen den Grad III, Grad-IV-Verätzungen wurden keine registriert (vgl. Tabelle).  

BAG reagiert

Die Ergebnisse der Studien wurden vom BAG in der Kampagne zur Einführung der neuen Gefahrensymbole nach dem global harmonisierten System (GHS) bereits berücksichtigt (www.cheminfo.ch). Zudem wird das BAG bei der Überprüfung der Einstufung von chemischen Produkten – insbesondere von Wasch- und Reinigungsmitteln – künftig besonders auf deren Gefährlichkeit für die Augen achten.

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Kontakt

Peter Krähenbühl, Sektion Marktkontrolle und Beratung,

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