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Welchen Einfluss hat die Covid-19-Pandemie auf Verhaltenssüchte?

Ausgabe Nr. 130
Mär. 2021
Verhaltenssüchte

Bevölkerungsbefragungen der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW) zeigten für den Zeitraum Mai bis Oktober 2020 weitgehende Stabilität, was das Surfen, das Gamen und Online-Geldspiele angeht. Ob die Pandemie bestehende Ungleichheiten verstärkt oder nicht, ist noch unklar.

Im Auftrag des BAG erhebt die ZHAW im Rahmen des Covid-19 Social Monitor (COVSM) seit Mai 2020 auch Indikatoren zu Verhaltenssüchten. Durch repräsentative Bevölkerungsbefragungen wird beobachtet, wie sich das Surfen im Internet, das Gamen sowie das Online-Gambling (Geldspiel im Internet) entwickeln.

Verhaltenssüchte in erster Welle stabil

Die Resultate aus den ersten 5 Befragungswellen zwischen Mai und Oktober 2020 zeigen, dass sich die grosse Mehrheit der Befragten seit Mitte Mai (Lockerung des ersten Lockdowns) nicht wesentlich anders verhält als vor dem Lockdown. Allerdings surfen 10 Prozent deutlich mehr im Internet und 9 Prozent gamen mehr. Eine deutliche Abnahme war dagegen bei 7 Prozent der befragten Personen zu verzeichnen, die online um Geld spielen. Nur 1 Prozent spielte deutlich mehr als vor dem Lockdown (vgl. Grafik). Ob die beobachteten Veränderungen alleine auf den Lockdown zurückzuführen sind, kann nicht mit Bestimmtheit gesagt werden. Auch die Ferienzeit, Feiertage, übliche saisonale Schwankungen oder sogar das Wetter können hier eine Rolle spielen.

Der Blick in Subgruppen

Theoretisch ist denkbar, dass gewisse (vulnerable) Subgruppen besonders stark mit Verhaltensänderungen auf die Pandemie reagieren. Die statistische Analyse zeigt allerdings, dass auch dies bisher kaum der Fall ist. Studienleiter Marc Höglinger hält fest, «dass sich für keines der untersuchten Online-Verhalten grössere Veränderungen über den beobachteten Zeitraum von Mai bis Oktober 2020 zeigen». In Bezug auf das mehrmals tägliche Gamen war einzig bei der Subgruppe mit obligatorischer Schulbildung ein signifikanter Anstieg zu beobachten: von 9 auf maximal 20 Prozent im Sommer 2020. Er schwächte sich im Verlauf der Zeit aber wieder ab, auf 13 Prozent im Oktober. Die Prävalenz von mehrmals wöchentlichem Online-Gambling stieg auf tiefem Niveau signifikant von 1 Prozent auf 2,1 Prozent (Mitte August) an. Unklar ist, ob diese Zunahme ein Nachholeffekt ist, da während des Lockdowns weniger Online-Gambling betrieben wurde. Eventuell könnte auch das erhöhte Werbevolumen für Online-Geldspielplattformen dazu beigetragen haben. Weitere Erkenntnisse werden aus den Befragungen 2021 erwartet.

Situation weiter beobachten

Insgesamt geben die Erhebungen des COVSM bis zum Oktober 2020 keinen Anlass zur Beunruhigung, was Verhaltenssüchte angeht. Das Verhalten in Bezug auf das Surfen, das Online-Gambling und das Gamen erweist sich während des ersten Lockdowns und bis in den Herbst als stabil. Allerdings ist es noch zu früh, um zu sagen, ob die Pandemie bestehende Ungleichheiten verstärkt. «Ausgeprägte Verhaltensweisen oder gar Verhaltenssüchte werden kurzfristig nur schwach von situativen Umständen beeinflusst», erklärt Höglinger. Die Daten ab November deuten für die zweite Welle der Pandemie darauf hin, dass die psychische Belastung leicht zugenommen hat. Verhaltensänderungen hinsichtlich Surfen, Online-Gambling oder Gamen lassen sich jedoch nicht erkennen.  Um die längerfristige Entwicklung zu beobachten, wird das BAG den Social Monitor in Zusammenarbeit mit der ZHAW weiterführen. Die Erhebung soll um weitere Indikatoren wie Alkohol und Tabak ergänzt werden. Ziel ist es, für künftige Covid-19-Wellen sowie andere Pandemien besser gerüstet zu sein.

Covid-19 Social Monitor

Der Covid­19 Social Monitor (COVSM) ist ein Gemeinschaftsprojekt des Winterthurer Instituts für Gesundheitsökonomie und des Instituts für Epidemiologie und Biostatistik der Universität Zürich. Sie bieten ein zeitnahes Monitoring der Auswirkungen der Pandemie auf die Gesundheit und das Leben der Schweizer Bevölkerung. Für eine repräsentative Stichprobe von rund 2000 Teilnehmenden werden diverse Indikatoren zum Gesundheitszustand, zum Wohlbefinden und zum Gesundheitsverhalten erhoben.

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Kontakt

Wally Achtermann
Sektion Wissenschaftliche Grundlagen 

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