
Mehr Nikotin, weniger Tabak: Konsumtrends in der Schweiz
Dec. 2024Tabakprävention in der Schweiz
In den letzten Jahren hat sich das Konsumverhalten von Tabak- und Nikotinprodukten in der Schweiz deutlich verändert. Während die Prävalenz des Tabakkonsums insgesamt rückläufig ist, zeigt sich gleichzeitig ein Anstieg des Konsums anderer Nikotinprodukte, insbesondere bei Jugendlichen.
Der Konsum herkömmlicher Zigaretten ist seit 2018 kontinuierlich leicht gesunken – im Jahr 2023 rauchten 15,7 Prozent der Schweizer Bevölkerung mindestens einmal pro Monat Zigaretten, 11 Prozent täglich. Trotz sinkenden Zahlen bleibt die klassische Zigarette nach wie vor weit verbreitet. Dies zeigen Zahlen aus der Erhebung Gesundheit und Lifestyle (EGL), eine repräsentative Online-Erhebung von rund 6000 in der Schweiz lebenden Personen.
Vermehrter Konsum von Nikotinprodukten
Steigende Zahlen hingegen verzeichnet der Konsum von E-Zigaretten und Snus. Seit 2017 ist dieser Konsum besonders unter den 15- bis 24-jährigen signifikant gestiegen. Diese Altersgruppe zeigt eine wachsende Neigung, alternative Nikotinprodukte zu konsumieren, was zu einer potenziellen Verlagerung von Risiken führen könnte – zum Beispiel langfristig unbekannte Gesundheitsrisiken aufgrund der chemischen Inhaltsstoffe oder andere Arten von Atemwegserkrankungen.
Die EGL-Daten zeigen auch eine Zunahme des Konsums von weiteren Produkten wie erhitzten Tabakprodukten und Nikotinbeuteln: Während erhitzte Tabakprodukte von 2,9 Prozent der Bevölkerung monatlich konsumiert werden, haben 14,3 Prozent der Befragten solche Produkte bereits einmal ausprobiert. Bei Nikotinbeuteln und Wasserpfeifen liegt der monatliche Konsum in der Altersgruppe der 15- bis 17-Jährigen bei je 1,8 Prozent.
Dualer Konsum und gesundheitliche Risiken
Besonders bedenklich ist der Trend zum dualen Konsum. So konsumieren 5,1 Prozent der Gesamtbevölkerung zwei oder mehr Tabak- oder Nikotinprodukte. Unter den 15- bis 24-Jährigen, die regelmässig Zigaretten rauchen, konsumiert die Hälfte zusätzlich auch andere Produkte wie E-Zigaretten oder erhitzte Tabakprodukte. Diese parallele Nutzung erhöht das Gesundheitsrisiko, da sich die negativen Effekte der einzelnen Produkte summieren.
Tracking von Nikotin und Tabak im Abwasser
In den letzten Jahren hat das Tracking von Nikotin- und Tabakrückständen im Abwasser zunehmend an Bedeutung gewonnen. Diese Methode erlaubt es, Konsummuster indirekt zu erfassen und wissenschaftlich zu analysieren. Das Projekt DroMedArio bietet detaillierte Informationen zur Erfassung dieser Rückstände und liefert wertvolle Einblicke in das Verhalten der Bevölkerung. Solche Messungen können die Prävalenzdaten aus Umfragen ergänzen und helfen, den Konsum besser nachzuvollziehen.
Auswirkungen auf die Gesundheit
Obwohl der Rückgang des Zigarettenkonsums eine positive Entwicklung darstellt, bleibt die Frage offen, ob der Anstieg des Konsums von E-Zigaretten und anderen nikotinhaltigen Produkten zu einem tatsächlichen Rückgang des Tabakkonsums führt. Es ist noch zu früh, um diesbezüglich eine Aussage machen zu können – in Umfragen geben 30 Prozent der Minderjährigen, die Tabak- oder Nikotinprodukte konsumieren, an, mit E-Zigaretten angefangen zu haben. 28 Prozent von ihnen haben mit herkömmlichen Zigaretten begonnen.
Ein weiteres Problem ist das Passivrauchen: Über 80 Prozent der Bevölkerung geben zwar an, dass sie das Rauchen oder Dampfen in ihrem Zuhause verbieten. Dennoch sind Schätzungen zufolge ein Viertel bis ein Drittel der Schweizer Bevölkerung weiterhin Aerosolen oder Dampf ausgesetzt. Vor allem Jugendliche sind stark betroffen, was die Dringlichkeit von Aufklärungsarbeit unterstreicht.
Chancen und Risiken der neuen Konsummuster
Obwohl es im Bereich Tabak- und Nikotinkonsum in der Schweiz einige Fortschritte gibt, bleibt die Situation komplex. Die neuen Konsummuster bieten einerseits Chancen zur Verringerung gesundheitlicher Risiken, denn bei einer Umstellung von Tabakzigaretten auf E-Zigaretten können Raucherinnen und Raucher, die nicht aufhören können oder wollen, ihre Gesundheitsrisiken gemäss aktuellem Wissensstand insgesamt senken. Es besteht aber gleichzeitig die Gefahr, dass das Vorhandensein dieser Möglichkeit die Motivation mindern könnte, ganz aufzuhören. Und: Der duale Konsum und die wachsende Beliebtheit von Nikotinprodukten bergen Gesundheitsrisiken. Zudem fehlen weiterhin ausreichende Informationen über die langfristigen Auswirkungen von Nikotinprodukten.
Zukünftige Aufklärungskampagnen müssen die Bevölkerung deshalb umfassend über die Risiken und Vielfalt der verfügbaren Produkte informieren, insbesondere mit Blick auf die jugendliche Zielgruppe.