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Grippeprävention: Ziele (noch) nicht erreicht

Ausgabe Nr. 91
Mär. 2012
Gesundheit im Gefängnis

Evaluation. Die Kommunikations­ziele zur saisonalen Grippe 2008–2012 sind noch nicht erreicht. Dies liegt weniger an der Massnahmenwahl und -umsetzung als an den – gemessen an den sehr hoch gesteckten Zielen – zu knappen Ressourcen.

Das Institut für Politikwissenschaft und das Institut für Publizistikwissenschaft und Medienforschung der Universität Zürich haben im Auftrag des Bundesamts für Gesundheit (BAG) die Kommunikationsstrategie zur Prävention der saisonalen Grippe 2008–2012 evaluiert. Diese Strategie zielt einerseits auf die direkte Beeinflussung der Zielgruppen ab, die sich zum Selbstschutz (Risikogruppen: über 65-Jährige, Säuglinge, schwangere Frauen und Personen mit einer chronischen Erkrankung) oder Fremdschutz (Personen in Gesundheitsberufen und nahe Kontaktpersonen der Risikogruppen) impfen lassen sollen. Andererseits wird eine indirekte Beeinflussung durch Multiplikatoren (Ärztinnen, Ärzte, Institutionen der Pflege und Massenmedien) angestrebt, welche die Botschaften des BAG der Bevölkerung und den direkten Zielgruppen vermitteln sollen. Im Zentrum der Evaluation stand die Frage nach der Wirksamkeit der Kommunikationsstrategie bei den direkten Zielgruppen und den Multiplikatoren.

Tiefe Durchimpfungsraten bei den Risikogruppen
Die Grippekampagne strebt bis Ende 2012 eine Durchimpfungsrate von 75% bei den Risikogruppen, 50% beim Medizinal- und Pflegepersonal und 50% bei nahen Kontaktpersonen der Risikogruppen an. Von diesen Raten ist man noch weit entfernt: Nach der Grippesaison 2010/11 waren bei den Risikogruppen nur 42%, beim Medizinal- und Pflegepersonal nur 22% und bei deren Kontaktpersonen nur 26% geimpft. Einzig die erhobene Durchimpfung bei den frei praktizierenden Ärztinnen und Ärzten liegt mit 79% über dem angestrebten Zielwert. Der Impftrend ist generell rückläufig. Vergleichsdaten aus Befragungen der letzten zehn Jahre zeigen, dass die Durchimpfung bei den Risikogruppen deutlich abgenommen hat.

Multiplikation funktioniert
Besser sieht es bei den Zielen bezüglich der Multiplikatoren aus. Die Verbreitung der Botschaften der Grippeprävention durch die Ärztinnen und Ärzte sowie durch die Institutionen der Pflege scheint gemäss den Befragungen gut bis sehr gut zu funktionieren. Die Mehrheit dieser Akteure engagiert sich in der Grippeprävention und erachtet das Kommunikationsmaterial des BAG als nützlich und setzt es auch ein. Auch knapp die Hälfte der befragten 20 gros­sen Arbeitgeber der Schweiz verwendet das Material der BAG-Kampagne und beurteilt dieses weitgehend positiv.

Kritische Medien
Weniger gut gegriffen hat der Multiplikationseffekt bei den Medien. Die Botschaften wurden zwar von den untersuchten Leitmedien neutral-wohlwollend weitervermittelt, die Resonanz bewegte sich jedoch auf niedrigem Niveau. Die interviewten Medienschaffenden kritisierten den schweren Zugang zu Fachpersonen des BAG und orteten erhebliches Verbesserungspotenzial bei der inhaltlichen Gestaltung der Medienarbeit des BAG. Auch die Bevölkerungsbefragung liefert nicht nur positive Befunde: So ist die Kampagne nur knapp einem Drittel bekannt und von diesem Drittel fühlt sich nur etwas mehr als die Hälfte von der Kampagne angesprochen.

Was sind die Empfehlungen ans BAG?
Die Kampagne hat ihre quantitativen Ziele also grösstenteils deutlich verpasst. Gemäss den Evaluatoren liegt dies weniger an der Massnahmenwahl und -umsetzung als an den zu knappen Ressourcen. Sie empfehlen für die Nachfolgestrategie ab der Grippesaison 2013/14, die Ziele zu überdenken und besser auf die verfügbaren Ressourcen abzustimmen. Dies wird höchstwahrscheinlich darauf hinauslaufen, klarere Prioritäten zu setzen. So raten sie beispielsweise eher von einer Inserate- und Plakatkampagne im bisherigen Mass ab, weil deren Wirksamkeit und Effizienz aufgrund der knappen Ressourcen kritisch zu beurteilen ist. Um die nötige Trendwende beim Impfverhalten der Zielgruppen herbeizuführen, braucht es aber auf jeden Fall eine bessere Medienarbeit und weiterhin eine doppelte Kommunikationsstrategie – also die direkte und indirekte Beeinflussung der Risikogruppen. Insbesondere beim Medizinal- und Pflegepersonal bedarf es neuer Wege und intensiverer Anstrengungen, um deren starke Impfwiderstände zu durchbrechen. Mit dem gut funktionierenden und effizienten Multiplikationsansatz hat die Grippekampagne aber einen starken Pfeiler; ihn gilt es jetzt zu konsolidieren und zu optimieren.

Sofortmassnahmen des BAG zur Verbesserung der aktuellen Kommunikationsstrategie zur Prävention der saisonalen Grippe
Bereits für die Grippesaison 2011–2012 wurde die Broschüre «Grippe? Impfen macht Sinn.» für die Fachpersonen im Gesundheitswesen aktualisiert. Zusätzlich wurde ein neuer Flyer mit dem Titel «Grippeschutz während der Schwangerschaft: Impfen macht Sinn.» erarbeitet, der sowohl die Fachpersonen als auch die Schwangeren informieren soll. Aus­serdem wurde unter dem neuen Slogan «Impfen gegen Grippe» die Internetsite www.impfengegengrippe.ch (vormals www.gemeinsamgegengrippe.ch) überarbeitet und wiederum mit sämtlichem Informationsmaterial zur saisonalen Grippe ausgerüstet. Die Kantone waren auch in dieser Grippesaison dazu aufgerufen, an der Internetsite des BAG zu partizipieren, einen eigenen Auftritt zu gestalten und auf ihre kantonale Web­site zu verlinken. Der Nationale Grippe­impftag, der 4. November 2011, wurde mit zusätzlichem Material (z.B. Aufkleber für die Arztpraxis) promotet. Sämtliche Massnahmen mussten im Rahmen der knappen, finanziellen Ressourcen umgesetzt werden.

Für das Frühjahr 2012 ist ein Round­table mit Fachpersonen im Gesundheitswesen und dem BAG geplant, um einerseits den Dialog zwischen diesen Parteien zu fördern und andererseits einen Weg zu finden, der die Fachleute in ihrer Arbeit noch besser unterstützt und sie überzeugt, dass die Grippeimpfung für Risikopersonen, aber auch für das Medizinal- und Pflegepersonal mit Patientenkontakt eine «normale», alljährliche Präventionsaktivität darstellt.

Die Erkenntnisse der Evaluation und insbesondere die gemachten Empfehlungen fliessen beim BAG in die Überlegungen zur Ausrichtung der Nachfolgestrategie mit ein.

Die Evaluation der Kommunikationsstrategie zur Prävention der saisonalen Grippe 2008–2012 des Instituts für Politikwissenschaft und des Instituts für Publizistikwissenschaft und Medienforschung der Universität Zürich kann unter http://www.bag.admin.ch/evaluation/01759/02073/index.html?lang=de her­unter­geladen werden.

Kontakt

Markus Weber, Fachstelle  Evaluation und Forschung, markus.weber@bag.admin.ch

Deborah Gaspoz, Sektion Prävention und Promotion, deborah.gaspoz@bag.admin.ch

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