Akteure vernetzen – um die Interprofessionalität zu verankern
Okt. 2021Interprofessionalität und koordinierte Versorgung
Obwohl bereits zahlreiche vielversprechende Aktivitäten laufen, muss die Vernetzung zwischen den Stakeholdern im Bereich Bildung und Berufspraxis weiter verstärkt werden. Das BAG will dies unterstützen. Denkbar sind der Aufbau einer Webseite oder die Organisation von Anlässen – wie etwa einem Tag der Interprofessionalität.
Mit dem 2020 abgeschlossenen Förderprogramm «Interprofessionalität im Gesundheitswesen» hat das BAG Forschungsprojekte und Massnahmen unterstützt, um interprofessionelle Ansätze in der schweizerischen Bildungs- und Berufspraxis-Landschaft nachhaltig zu verankern (dies auch eine Forderung aus den Policy Briefs). Dabei ist unter anderem eine Publikation entstanden, in der beispielhafte berufsübergreifende Bildungsangebote vorgestellt werden. Dazu gehört etwa das Angebot der Fachhochschule der italienischen Schweiz SUPSI: Dort können Bachelorstudierende in den Bereichen Pflege, Ergotherapie und Physiotherapie Module zur Förderung interprofessioneller Kompetenzen gemeinsam belegen. Die Studierenden lernen dabei, dass eine optimale Versorgung patientenzentriert ist und deshalb auf ganzheitliche, integrierte Weise erfolgt. Der eigene Beitrag zum Behandlungsprozess soll sowohl auf die Bedürfnisse der Patientin oder des Patienten als auch auf die Arbeit der anderen Fachkräfte abgestimmt sein.
Mit diesen interprofessionellen Studiengängen hat die SUPSI schon im Jahr 2006 auf die soziodemografische Entwicklung, die veränderten Lebensstile und die Entstehung von neuen Modellen zur Gesundheitsversorgung reagiert. Und die Planung geht weiter: Um die bereits bestehende Zusammenarbeit zwischen Studierenden der Pflege, der Ergotherapie und der Physiotherapie auch auf Medizinstudierende auszuweiten, prüft die SUPSI aktuell eine Zusammenarbeit mit der Universität der italienischen Schweiz (USI), die seit letztem Jahr ein Masterstudium in Medizin anbietet.
Miteinander, voneinander und übereinander lernen
Ein anderes Beispiel aus der BAG-Broschüre ist die Zürcher interprofessionelle klinische Ausbildungsstation (ZIPAS). Seit Herbst 2019 verbindet sie Studierende aus den Bereichen Pflege, Medizin, Physiotherapie und Ergotherapie mit den Lernenden Fachfrau/-mann Gesundheit EFZ.
Im Rahmen eines Praktikums oder einer Unterassistenz bilden jeweils etwa sieben Lernende eine Gruppe auf der Ausbildungsstation. Unter Supervision eines Berufsbildners oder einer Kaderärztin übernehmen die Lernenden die Patientenversorgung – selbstständig und gemeinsam. Dabei wird der Patient oder die Patientin als Teammitglied betrachtet. Die Lernenden entwickeln ein Verständnis für die Kompetenzen und Grenzen ihres eigenen Berufs und diejenigen anderer Berufe. Kurz: Sie lernen miteinander, voneinander, übereinander.
Zu den Erkenntnissen des Förderprogramms «Interprofessionalität im Gesundheitswesen» gehört, dass solche realitätsnahen Unterrichtsformate die besten Lerneffekte zeigen. Aber auch, dass die Stakeholder im Bildungsbereich noch nicht optimal vernetzt sind. In Gesprächen mit diversen Akteuren hat das BAG im Frühjahr 2021 eruiert, welche Netzwerke bereits vorhanden sind – und durch welche Vernetzungsaktivitäten sie allenfalls erweitert werden könnten. Das Fazit dieser Gespräche lautet, dass sich viele Bildungsinstitutionen regional gut koordinieren, aber dass sich viele einen stärkeren überregionalen oder sogar nationalen Austausch wünschen. Ein solches schweizweites Netzwerk will das BAG fördern. Auf einer Website könnten beispielsweise alle interprofessionellen Bildungsangebote im Gesundheitswesen übersichtlich aufgelistet und vorgestellt werden. Eine weitere Möglichkeit wäre die Organisation eines «Tages der Interprofessionalität», wo sich die Stakeholder aus verschiedenen Regionen direkt begegnen und voneinander lernen können.
Wird Interprofessionalität bereits im Studium erlernt, kann sie später im beruflichen Alltag besser gelebt werden. (Hinweis: Dieses Bild wurde vor der Pandemie aufgenommen.)
Illustration: telek.grafik