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Bei der Gesundheit heute an morgen denken

Ausgabe Nr. 124
Mai. 2019
Gesund altern

Palliative Care. Die meisten Hochbetagten in der Schweiz leben mit gesundheitlichen Einschränkungen, oft sind sie von mehreren Krankheiten betroffen. Die Behandlung und die Betreuung müssen gut koordiniert und vorausschauend geplant sein, damit die Bedürfnisse und Sorgen dieser Menschen berücksichtigt werden können.

In der Schweiz sind aktuell rund 18 Prozent der Gesamtbevölkerung älter als 65 Jahre, in den kommenden Jahrzehnten wird der Anteil auf 27 Prozent wachsen. Deshalb ist damit zu rechnen, dass auch die Anzahl Personen mit chronischen Krankheiten, mit Beschwerden des Bewegungsapparats oder mit Demenzerkrankungen deutlich ansteigt. Auch wenn Prävention und Heilung wichtig bleiben, so wird es bei dieser Patientengruppe vor allem darum gehen, den Fokus auf den Erhalt und die Verbesserung der Lebensqualität zu legen.

Mehrere vom Bund lancierte Massnahmen zielen in diese Richtung. Drei Schwerpunkte verdienen in diesem Zusammenhang besondere Beachtung:
1.  verbesserte Koordination bei der Behandlung und der Betreuung hochbetagter Personen;
2.  Förderung der gesundheitlichen Vorausplanung;
3.  Förderung der Palliative Care.

Koordinierte Zusammenarbeit
Die Betreuung und die Behandlung hochbetagter Patientinnen und Patienten können sehr komplex sein: Zu den krankheitsspezifischen Symptomen kommen altersbedingte Syndrome wie Gebrechlichkeit, Seh- und Hörverlust, Unterernährung, Sturzereignisse mit Frakturen, Schwindel, Inkontinenz und Einsamkeit. Auch Depression und Ängste sowie demenzielle Erkrankungen gelten als geriatrische Symptome. Viele geriatrische Pa-tientinnen und Patienten sind fragil und verfügen über eingeschränkte körperliche und geistige Reserven. Eine Erkrankung oder ein Unfall können eine Kettenreaktion von weiteren Komplikationen – eine gesundheitliche Abwärtsspirale – auslösen. Um solche Entwicklungen aufzufangen, müssen die beteiligten Fachpersonen ihre diagnostischen, therapeutischen, pflegerischen und beratenden Leistungen eng aufeinander abstimmen.

Das BAG hat eine Broschüre herausgegeben, die anhand von typischen Fallbeispielen nicht nur geriatrisches Wissen praxisnah vermittelt, sondern auch aufzeigt, wie die Zusammenarbeit berufsgruppen- und sektorenübergreifend erfolgt.
Die Fallbeispiele weisen darauf hin, dass Rundtischgespräche mit den beteiligten Fachpersonen entscheidend sind, um die interprofessionelle Zusammenarbeit zu koordinieren. Im Spital sind sie ein zentrales Instrument, um den Spitalaustritt einer geriatrischen Patientin oder eines geriatrischen Patienten in die gewohnte Umgebung zu planen.

Die Fallbeispiele zeigen ausserdem, wie ein sogenanntes geriatrisches Assessment verhindert, dass hochbetagte Menschen aus einer organspezifischen Sicht heraus wie jüngere Menschen behandelt werden, ohne zu bedenken, dass den geriatrischen Patientinnen und Patienten Komplikationen drohen, die die Qualität ihrer letzten Lebensjahre belasten. Das Assessment erfasst den allgemeinen Gesundheitszustand und das soziale Netzwerk. Geprüft wird auch, ob es Interaktionen zwischen den einzunehmenden Medikamenten gibt. Auf der Grundlage eines solchen Assessments kann dann ein individueller Behandlungsplan erstellt werden.

Vorausplanung ist wichtig
Um sicherzustellen, dass die betroffenen Menschen die medizinische Behandlung bekommen, die sie möchten (weder über- noch untertherapiert werden), ist die gesundheitliche Vorausplanung wichtig. Gerade bei älteren Menschen mit chronischen Erkrankungen und zunehmender Pflegebedürftigkeit bietet es sich an, den möglichen Krankheitsverlauf und die gewünschten (oder unerwünschten) Massnahmen vorausschauend zu besprechen und festzuhalten. Dabei können klare Vorgehensweisen und Verantwortlichkeiten im Fall von Komplikationen und Notfällen festgelegt werden. Damit wird eine zentrale Grundlage geschaffen, um die Behandlung und die Betreuung gemäss dem Willen und den Bedürfnissen der Patientin oder des Patienten zu koordinieren. Das führt zu einer besseren Vernetzung des Behandlungsteams und gibt mehr Sicherheit, gerade auch für die Angehörigen. Dabei gilt es, zu beachten, dass die Behandlungsplanung bei geriatrischen Patientinnen und Patienten ein kommunikations- und zeitintensiver Prozess ist, dem die beteiligten Gesundheitsfachpersonen aber nicht ausweichen sollten.

Eine Fachgruppe hat im Auftrag des BAG ein Rahmenkonzept erarbeitet, das aufzeigt, wie die gesundheitliche Vorausplanung implementiert werden kann. Es beinhaltet konsolidierte Definitionen und Empfehlungen für die konkrete Umsetzung in die Gesundheitsversorgung der Schweiz.

Ausweitung der Palliative Care
Von einer vorausschauenden Planung und einer guten Koordination profitiert auch die Gestaltung des Lebensendes. Das Bundesamt für Statistik (BFS) hat ermittelt, dass rund 90 Prozent der 80- bis 84-Jährigen zu Hause leben, die Hälfte davon allein. Der Eintritt ins Pflegeheim erfolgt erst im hohen Alter. Dadurch hat sich die durchschnittliche Aufenthaltsdauer – vom Eintritt bis zum Tod – in einer Pflegeeinrichtung auf etwas mehr als 2 Jahre verkürzt. Gut 80 Prozent der Sterbefälle ereignen sich in einem Spital oder in einem Pflegeheim, obwohl die meisten Menschen zu Hause sterben möchten. Mit zunehmendem Alter nimmt auch der Anteil der Sterbefälle ausserhalb der eigenen vier Wände zu. Dass auf dieser geriatrischen Patientengruppe ein Fokus der Palliative Care liegen sollte, gehört zu den Empfehlungen des BAG in einem Bericht zur allgemeinen Palliative Care.

Im Moment kommt die Palliative Care vor allem Krebsbetroffenen mit einer fortgeschrittenen Erkrankung zugute, wie ein im Rahmen des Nationalen Forschungsprogramms «Lebensende» (NFP 67) entstandenes Weissbuch darlegt. Das Weissbuch hat die Palliative-Care-Angebote und -Infrastrukturen in der Westschweiz verglichen und grosse Unterschiede zwischen den Kantonen festgestellt. Eines der grössten Hindernisse in der Ausweitung der Palliative Care ist die noch fehlende Zusammenarbeit der Fachleute in der Behandlung und der Betreuung der Patientinnen und Patienten am Lebensende. Die lückenhafte Koordination in der Palliative-Care-Versorgung kann nicht nur zu unzweckmässigen Spitalaufenthalten führen. Viele Betroffene fühlen sich dadurch auch beunruhigt und beängstigt. 

Broschüre «Hochbetagte Menschen mit Mehrfacherkrankungen»: www.bundespublikationen.admin.ch (Artikel-Nr. 316.759)

Broschüre «Gesundheitliche Vorausplanung»: www.bundespublikationen.admin.ch (Artikel-Nr. 316.734)

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Kontakt

Lea von Wartburg
Sektion Nationale Gesundheitspolitik

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