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Kritische Lebensereignisse im Alter

Ausgabe Nr. 132
Dez. 2021
Kritische Lebensereignisse

Mit zunehmendem Alter stellen sich den Menschen besondere Herausforderungen: Pensionierung, steigendes Risiko für Erkrankungen wie Demenz oder Depressionen, Pflege von Angehörigen. Auf einige Ereignisse können wir uns vorbereiten.

Endlich Verantwortung abgeben und jeden Tag frei sein für Freunde, Hobbys und Familie? Oder sich nach dem strukturierten Büroalltag sehnen und nicht wissen, was mit den zahllosen Stunden anzufangen? Eine Pensionierung kann vieles sein: Einige realisieren lang gehegte Träume, andere fürchten sich vor Leere oder sozialer Isolierung. Eine Pensionierung bringt Veränderungen – in der Tagesstruktur, bei den zwischenmenschlichen Beziehungen, oft auch ökonomisch. Die neue Situation hat Einfluss auf die täglichen Gewohnheiten, zum Beispiel auf den Substanzkonsum. Studien zeigen, dass der Renteneintritt mit einer Steigerung des Alkoholkonsums einhergeht, was zu einer Abhängigkeit führen kann.  Die täglichen Gewohnheiten können sich aber auch positiv verändern: So zeigt die Forschung, dass der Ruhestand die körperliche Aktivität fördert – insbesondere bei Frauen und Frühpensionierten. Ob der Übergang in die neue Lebensphase glückt oder nicht, haben die betroffenen Personen bis zu einem gewissen Grad in der Hand – sie können sich vorbereiten. Wer schon während der Berufstätigkeit soziale Kontakte pflegt, steht bei der Pensionierung nicht plötzlich alleine da. Gute soziale Beziehungen halten gesund. Wer aktiv bleibt, sorgt für eine Tagesstruktur: Hobbys pflegen, sich viel bewegen oder sich für die Gemeinde engagieren – all das schafft Sinn und Freude. Sich regel­mässig bewegen sowie sozial und geistig aktiv bleiben erhöhen die Chancen auf ein langes, gesundes Leben mit hoher Lebensqualität.

Erkrankungen treten häufiger auf

Nichtdestotrotz ist das Alter eine Lebensphase, in der kritische Lebensereignisse auftreten; körperliche und psychische Krankheiten im Alter nehmen zu. Rund zwei Drittel der Personen ab 75 Jahren sind von mindestens einer nichtübertragbaren Krankheit betroffen. Am häufigsten sind Depressionen, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Arthritis oder Arthrose. Alter ist auch der grösste Risikofaktor für Demenz. Die Diagnose einer Krankheit ist ein kritisches Lebensereignis – für die erkrankte Person selbst, aber auch für ihr Umfeld.  Gesundheit im Alter bedeutet nicht zwingend das Fehlen von Krankheit, Beschwerden und Gebrechen. Viele Menschen in der Schweiz haben auch mit einer Krankheit eine hohe Lebensqualität. Dank eigener Ressourcen, aber auch dank erfolgreicher Therapien können negative Folgen auf das individuelle Wohlbefinden reduziert werden. Hilfreich sind dabei Methoden wie das Selbstmanagement, wobei betroffene Menschen eine aktive Rolle in ihrer Krankheitsbewältigung und Behandlung übernehmen und lernen, mit den Herausforderungen ihrer Erkrankung umzugehen. Die Gesundheit im Alter ist auch von subjektivem Wohlbefinden oder dem Ausmass an Autonomie geprägt. Für die Gesundheitsförderung und Prävention geht es in dieser Phase des Lebens deshalb auch darum, die individuellen Ressourcen der älteren Menschen zu fördern und Lebensqualität zu bewahren.

Wenn nahestehende Menschen erkranken

Mit dem Alter steigt das Risiko, dass der Partner oder die Partnerin erkrankt und Pflege- und Betreuungsaufgaben Alltag werden. Viele Angehörige übernehmen Betreuungs- und Pflegeaufgaben, damit die Betroffenen weiterhin zu Hause in ihrem gewohnten Umfeld bleiben können. Solche Betreuungsaufgaben können zwar erfüllend sein und das Selbstwertgefühl stärken, sie können aber auch finanziell, psychisch oder physisch belasten. Wird die Belastung zu gross, können Angehörige selber erkranken. Daher braucht es passende Entlastungsangebote und gute Rahmenbedingungen. In der Politik besteht Konsens, dass die Rahmenbedingungen für betreuende Angehörige verbessert werden müssen, denn diese sind sowohl für die Gesellschaft wie auch für das Gesundheitswesen eine wichtige Stütze. Mit dem Förderprogramm «Entlastungsangebote für betreuende Angehörige 2017–2020» hat der Bundesrat erste Schritte dazu unternommen. Ein weiteres wichtiges Thema ist die Behandlung und Betreuung von Menschen am Lebensende. Rund 70% der Todesfälle ereignen sich nicht plötzlich – das Lebensende ist gestaltbar. Die meisten Menschen möchten zu Hause leben und sterben: Dazu braucht es gute lokale Strukturen mit palliativen mobilen Diensten und eine lebendige «Caring community». Um die zunehmende Anzahl sterbender Menschen und ihre Angehörigen angemessen zu behandeln und zu betreuen, muss die «Palliative care» weiter gefördert werden.

Gut vorbereitet dank gesundheitlicher Vorausplanung

Mit Blick auf kritische Lebensereignisse im Alter lohnt sich eine frühzeitige Auseinandersetzung mit der Frage: Wenn ich pflegebedürftig werde oder nicht mehr selbst entscheiden kann: Wer soll dann für mich wie entscheiden? Wichtig ist es, mit den Angehörigen darüber zu sprechen und diese Gedanken schriftlich festzuhalten. So kann die gesundheitliche Vorausplanung nicht nur die Selbstbestimmung verbessern, sondern sie entlastet auch Angehörige, indem sie ihnen schwierige Entscheidungen abnimmt. Es kann eine Entlastung für alle sein, wenn man heikle Themen bereits dann anspricht, wenn die Situation noch nicht akut ist.

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Kontakt

David Hess-Klein
Sektion Gesundheitsförderung und Prävention

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