Sprunglinks

zurück

Vom Massnahmenpaket Drogen zu Gesundheit2020

Ausgabe Nr. 116
Apr. 2017
Ende der Nationalen Präventionsprogramme

Forum Marina Carobbio. Die Weiterentwicklung der Schweizer Suchtpolitik steht in den nächsten Jahren vor mehreren Herausforderungen. Die grösste Herausforderung ist die Gewährleistung einer kohärenten Politik, mit der die Probleme bezüglich Verwendung, Konsum, Vermarktung und Produktion von süchtig und krank machenden Substanzen verringert werden können.

Konkret bedeutet dies, dass die Suchtpolitik die Giftigkeit des Produkts und/oder das Risiko für die Betroffenen und die Gesellschaft berücksichtigen muss. Sie soll nicht nur die Auswirkungen auf die physische und psychische Gesundheit verhindern und eindämmen, sondern auch die soziale Integration der Konsumentinnen und Konsumenten fördern sowie riskante Verhaltensweisen reduzieren. Zudem muss sie die Betroffenen und ihre Angehörigen respektvoll behandeln und gleichzeitig die Schutz- und Sicherheitsbedürfnisse der Gesellschaft erfüllen, wobei ein besonderes Augenmerk auf Kinder und Jugendliche zu richten ist.  

Zur Bewältigung dieser Herausforderungen ist es ganz wichtig, über die Debatte um den Rechtsstatus bewusstseinsverändernder Substanzen hinauszugehen, um die verschiedenen Marktregulierungsmodelle zu diskutieren. Ausserdem sollten die Substanzen eher entkriminalisiert als verboten werden. Das bedeutet, dass für jede Substanz je nach individuellem und gesellschaftlichem Schädlichkeitsgrad ein geeigneter, spezifischer Marktregulierungsmechanismus gefunden werden muss. Als Vorbild kann das System zur Regulierung und Entkriminalisierung von Cannabis dienen, das kürzlich in bestimmten Ländern wie Uruguay oder gewissen US-Bundesstaaten eingeführt wurde. In der Schweiz muss man aufgrund der aktuellen Cannabisdebatten ermöglichen, neue drogenpolitische Lösungen auszuprobieren, insbesondere mithilfe von Pilotprojekten.  

Angesprochen werden muss auch die Rolle des Föderalismus, der als Chance wie auch als Hindernis für die Einführung einer kohärenten Suchtpolitik gesehen werden kann. Da das Betäubungsmittelgesetz ein Bundesgesetz ist, dessen Umsetzung Sache der Kantone ist, ermöglicht es die Einführung von massgeschneiderten Lösungen, die auf kantonale Probleme eingehen. Das führt jedoch zu einer uneinheitlichen, manchmal sogar gegensätzlichen Drogenpolitik. Für Suchtbetroffene gibt es daher je nach Wohnort unterschiedliche Möglichkeiten zur Behandlung und Schadensminderung.  

Das Massnahmenpaket MaPaDro des Bundes, dessen Ziel die Reduzierung der Drogenprobleme war, ermöglichte eine bessere Koordination und vermehrte Unterstützung der Akteure der Drogenpolitik. Die Massnahmen zeigen, dass ein weniger riskanter Konsum ein mögliches und nötiges Ziel ist, und zwar nicht nur bei herkömmlichen Drogen, sondern auch in allen anderen Bereichen, die zu Abhängigkeiten führen können, wie Spiele oder übermässige Internetnutzung. Man muss daher weiterhin Massnahmen fördern, mit denen sich die gesetzten gesundheitspolitischen Ziele sowie eine verantwortungsvolle Verwendung der Substanzen erreichen lassen, wobei die Wirkung der getroffenen Massnahmen zu überprüfen ist. Projekte zur Cannabisregulierung können somit auf dem Weg hin zu einem weniger riskanten Konsum eine logische Fortsetzung der bisher eingeführten Massnahmen sein. Schliesslich ist das MaPaDro in die Weiterentwicklung der Nationalen Strategie Sucht einzubeziehen, die Teil der Gesamtstrategie Gesundheit2020 ist. Suchtpolitik kann nämlich nicht isoliert betrieben werden, als wäre sie ein völlig eigenständiger politischer Bereich. Vielmehr muss die Verzahnung mit anderen Bereichen wie der Sozialpolitik oder sogar der Wirtschaftspolitik berücksichtigt werden.    

Zur Person

Marina Carobbio, Nationalrätin Kanton Tessin, Präsidentin Nationale Arbeitsgemeinschaft Suchtpolitik (NAS-CPA)

Nach oben