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Patientensicherheit: die Schweiz und Europa

Ausgabe Nr. 127
Feb. 2020
Qualität und Patientensicherheit

Forschung. Der neueste Vergleich der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) zeigt, dass in der Schweiz Handlungsbedarf bei der Qualität besteht, insbesondere bei der Patientensicherheit. Gemäss der Studie «Gesundheit auf einen Blick 2019» befindet sich die Schweiz in Bezug auf die Qualität der Pflege im europäischen Mittel.

Patientensicherheit ist als ein Aspekt der Qualität der Leistungserbringung im Gesundheitswesen weltweit ein zentrales Thema. Aus diesem Anlass lohnt sich ein Blick auf Europa. Wie steht die Schweiz im Vergleich zu anderen europäischen Ländern da? Dies wollen wir anhand einiger ausgewählter Daten anschauen.

Leistungsstark, aber teuer
Die Schweiz verfügt über eines der leistungsstärksten Gesundheitssysteme weltweit. Dies belegt die neueste OECD-Studie «Gesundheit auf einen Blick 2019», die Vergleichsdaten zum Gesundheitszustand der Bevölkerung und zur Leistungsfähigkeit der Gesundheitssysteme in den 36 OECD-Ländern und 8 weiteren Ländern präsentiert. So hat die Schweiz beispielsweise eine der geringsten Quoten für vermeidbare Todesursachen und mit 83,6 Jahren ist in der Schweiz, abgesehen von Japan, die Lebenserwartung so hoch wie in keinem anderen OECD-Land.
Doch dies hat seinen Preis: Betreffend Gesundheitsausgaben belegt die Schweiz mit 12,2 Prozent Anteil am BIP den zweiten Platz (hinter den USA). Unter den europäischen OECD-Ländern liegt sie bei den Kosten auf Platz 1.

Mangel an Daten
Die Analyse der neuesten Daten zeigt weiter, dass sich die Patientensicherheit verbessert hat. Es braucht aber weitere Anstrengungen. Zu diesem Schluss kommt auch der Nationale Qualitätsbericht des BAG, der im November 2019 publiziert wurde. Die Berichte bestätigen, dass insbesondere ein Mangel an entsprechenden Daten vorliegt. Daher ist es grundsätzlich relativ schwierig, sich für die Schweiz einen guten Überblick zu verschaffen.

Vermeidbare Zwischenfälle in der Chirurgie
Die Patientensicherheit ist eines der dringlichsten Gesundheitsthemen. Dies zeigen auch die hohen Ausgaben der OECD-Länder für die Behandlung unerwünschter medizinischer Zwischenfälle während eines Spitalaufenthalts, die vermeidbar wären. Dazu gehören die sogenannten «never events», seltene Ereignisse, die zu Patientenschädigungen führen und als vollständig vermeidbar gelten. Grafik 1 zeigt Zahlen zum Schadensfall «vergessener Fremdkörper während eines chirurgischen Eingriffs». Die Schweiz hat hier mit 12,3 Prozent den höchsten Wert überhaupt, was zeigt, welch grosser Handlungsbedarf hier besteht. Die häufigsten Risikofaktoren, die zu diesem vermeidbaren Ereignis führen, sind Notfälle, ungeplante Verfahrensänderungen, Fettleibigkeit des Patienten und Wechsel im OP-Team. Präventive Massnahmen gegen solche Ereignisse sind chirurgische Checklisten, Zählen von Instrumenten, methodische Wundbehandlung und effektive Kommunikation im OP-Team.
 
Nationales Qualitätsprogramm «Sichere Chirurgie»
Die Schweiz entwickelt seit 2011 verschiedene Programme mit dem Ziel, die Patientensicherheit zu verbessern. Sie werden durch die Stiftung für Patientensicherheit geleitet und entwickelt, sind Bestandteil der Qualitätsstrategie des Bundes und werden massgeblich vom BAG finanziert. Dazu gehört auch das innovative Modellprojekt «Sichere Chirurgie»: Mit der konsequenten Nutzung der chirurgischen Checkliste der Weltgesundheitsorganisation (WHO) im Operationssaal kann die Anzahl vermeidbarer Zwischenfälle in der Chirurgie reduziert werden. «Bedeutende systemische Sicherheitsdefizite können durch eine methodische, wissenschaftlich abgestützte und praxisorientierte Handlungsweise verbessert werden», so Anita Imhof, Leiterin des Projektes bei der Stiftung für Patientensicherheit. Die Schweiz hat mit diesem Projekt schon früh eine Vorreiterrolle übernommen, mittlerweile wurde das Programm zum professionellen Standard erklärt, und es gibt bereits Folgeprojekte, welche die Spitäler vernetzen und den Informations- und Erfahrungsaustausch weiter fördern. Ähnliche Programme wurden bereits in Grossbritannien, Dänemark, Schweden, Holland, Schottland, Kanada und den USA durchgeführt.

Infektionsprävention im Spital
Der Handlungsbedarf bei Spitalinfektionen wurde aufgrund der Berichte der OECD und der WHO zum Gesundheitssystem Schweiz 2006 und 2011 erkannt. In den Jahren 2016 und 2017 hat das European Centre for Disease Prevention and Control (ECDC) eine Punktprävalenz-Erhebung «Healthcare-assoziierter Infektionen» (HAI) und des Gebrauchs antimikrobieller Medikamente in den Ländern der Europäischen Union und des Europäischen Wirtschaftsraums sowie in den Beitrittsländern durchgeführt.

Zeitgleich führte die Schweiz 2017 eine nationale Erhebung zum selben Thema und unter Anwendung desselben Protokolls durch (CH-PPS). An der Studie, die Swissnoso mit Unterstützung des BAG durchführte, haben eine erfreulich hohe Zahl von 96 Schweizer Spitälern teilgenommen und es wurden Daten von rund 13 000 Patientinnen und Patienten erhoben. Ein wichtiges Ergebnis ist, dass 5,9 Prozent der Patientinnen und Patienten in der Schweiz eine Spitalinfektion erleiden. Damit bewegt sich die Schweiz im europäischen Durchschnitt – der Mittelwert der EU liegt bei 5,5 Prozent.

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Kontakt

Carlo Tschudi
Sektion Qualität und Prozesse

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