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Wie viel Alkohol ist zu viel?

Ausgabe Nr. 114
Sep. 2016
Lebensphasen

Alkoholpräventionskampagne. Alle wissen: Zu viel Alkohol ist schädlich. Aber wann genau kippt die Lockerheit in den Leichtsinn, der Schwips in den Rausch, die Annäherung in eine Belästigung? Kurz: Wie viel ist zu viel? Die aktuelle Kampagne des Bundesamts für Gesundheit und seiner Partner will die Schweizer Bevölkerung dazu anregen, diese Fragen für sich zu beantworten. Im September 2016 läuft die zweite Welle.

Sabine, 41, ist bei einer Freundin zu einem Essen unter Freunden eingeladen. Sie freut sich auf einen entspannten Abend mit alten Geschichten. Alle Gäste bringen eine Flasche Wein mit, so war es schon immer Brauch in ihrer Gruppe. Der Abend entwickelt sich bestens, die Stimmung und der Geräuschpegel steigen. Sabine sitzt neben Paul, sie unterhalten sich angeregt über das Finale der Fussballweltmeisterschaft, das in Sabines Augen unverdient von der falschen Partei gewonnen wurde. Sie verteidigt «ihre» Mannschaft heftig, beschuldigt den unfähigen Schiedsrichter, und schliesslich Paul, der leicht irritiert ist über die Leidenschaft und Vehemenz seiner Freundin. Sabine macht sich daran, den entscheidenden Penalty mit den Weingläsern, dem Brotkorb und der Glacekugel, die noch in der Dessertschale schwimmt, nachzustellen um zu beweisen, dass sie richtig liegt. Beim theatralischen Aufstehen wird sie von der Wirkung des Weins überrascht und prallt gegen das Monet-Imitat, das hinter ihr an der Wand hängt. Knapp kann es Sabine noch festhalten, dabei bricht sie in viel zu lautes Gelächter aus, alle Freunde drehen sich zu ihr um. Gut, denn nun können alle sehen, wie das mit dem Penalty genau ablief. Sie schmettert die Glacekugel durch das Weingläser-Tor – direkt auf Pauls weisses Hemd. «Gooooal!» Er findet die Aktion nicht lustig. Er sucht nach einer Serviette – und einer Gesprächspartnerin, mit der er sich noch vernünftig unterhalten kann.  

Mit dem Pegel steigt das Selbstwertgefühl

Alkohol kann enthemmend wirken: Ab einem Blutalkoholwert von 0,5‰ wird die Stimmung euphorisch. Das heisst, mit dem Alkoholpegel steigen bis zu einem gewissen Grad auch das Selbstwertgefühl und die Selbsteinschätzung an, man fühlt sich sicherer, stärker und fröhlicher. Entscheidungen werden weniger vernünftig gefällt. Vielmehr wählt man die mutigere, ausgefallenere Variante, für die man sich in nüchternem Zustand nicht entscheiden würde. Man ist locker und enthemmt; trinkt man aber mehr Alkohol, werden die einen redselig, ausgelassen und anhänglich und die anderen aggressiv und gewalttätig und überschätzen sich zuweilen selbst. Darunter leiden auch Dritte.  

Verlockend für Jugendliche und Schüchterne

Die euphorisierende Wirkung des Alkohols ist gerade für Jugendliche sehr attraktiv. Jugendliche fühlen sich im alkoholisierten Zustand nicht nur sicherer, sondern auch akzeptierter und ihrer Gruppe zugehörig, was in diesem Alter von grosser Bedeutung ist. Um dieses Gefühl zu erhalten, trinken sie weiter. Ähnliches gilt für Menschen, die sehr schüchtern sind oder unter sozialer Angst leiden. Unter Alkoholeinfluss fällt ihnen die Interaktion mit anderen wesentlich leichter. Wenn es dazu kommt, dass sich schüchterne Menschen nur selbstbewusst und stark fühlen, wenn sie Alkohol getrunken haben, werden sie anfällig für eine Alkoholabhängigkeit.  

Dem Hochgefühl folgt der Absturz

Die positiv empfundenen Wirkungen des Alkohols schwinden rasch. Mit zunehmender Konsummenge treten negative Emotionen und unangebrachtes Verhalten auf. Die Wirkung hängt dabei auch von der momentanen Verfassung ab: War man vor dem Alkoholkonsum traurig oder wütend, kann etwas Alkohol zu besserer Laune führen. Oder aber die Laune schwankt und schlägt in noch tiefere Traurigkeit und grössere Wut um. Alkoholkonsum kann zudem akute Folgen haben wie Unfälle, Verletzungen und ungeschützten Geschlechtsverkehr. Gedächtnisstörungen und komplette Blackouts werden häufig erst am nächsten Tag erkannt, wenn es schon zu spät ist, um die kursierenden peinlichen Handyfilme zu stoppen.  

Zweite Welle der Kampagne

Die aktuelle Welle der Alkoholpräventionskampagne «Wie viel ist zu viel?» will die Öffentlichkeit über diese Risiken und Gefahren des Alkoholkonsums informieren und sie dafür sensibilisieren. Die Website www.alcohol-facts.ch ist weiterhin das zentrale Medium für Informationen zur Kampagne, kurz und knapp aufbereitetes Alkoholwissen und Rat- und Hilfeangebote. Dort gibt es zudem ein grafisch amüsant aufbereitetes Quiz, das als Eingangsportal zu detaillierten Informationen über Themen wie gesundheitliche Risiken, Gewichtszunahme oder die Auswirkungen von Alkohol auf Körper und Geist dient. Die aktuelle Welle läuft in der ersten Septemberhälfte und präsentiert sich mit einem neu erstellten Film.  

Kampagnenfilm zur Versuchung Alkohol

Der neue Kampagnenfilm thematisiert die Versuchung, sich mit Alkohol endlich befreit und richtig cool zu fühlen. Bei vielen Menschen – vor allem bei jüngeren – sind es diese Beweggründe, die sie dazu veranlassen, mehr und mehr Alkohol zu trinken. Gesundheitsrisiken und die Unfallgefahr werden in diesem Moment als weniger relevant eingestuft.   Der Film soll zum Nachdenken über mein Verhalten im angetrunkenen Zustand animieren: Wie wirkt Alkohol bei mir? Merke ich, wenn mein Verhalten peinlich, leichtsinnig oder eine Gefahr für mich und andere wird? Wie viel ist für mich zu viel? Der Film ist auf der Kampagnenwebsite zu finden und kann einfach an andere weitergeschickt werden.  

Die nächste Dialogwoche Alkohol findet vom 11. bis 21. Mai 2017 in der ganzen Schweiz statt.

Empfehlung für risikoarmen Alkoholkonsum

– Männer: 2–3 Standardgläser* pro Tag, mindestens 2 alkoholfreie Tage pro Woche
– Frauen: 1–2 Standardgläser* pro Tag, mindestens 2 alkoholfreie Tage pro Woche
– Unter 16-Jährige, Schwangere und Stillende: kein Alkohol  

    
* 1 Standardglas entspricht z.B. 3 dl Bier oder 1 dl Wein

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Kontakt

Claudia Brunner, Sektion Kampagnen,  

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