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Und die Gamer?

Ausgabe Nr. 95
Nov. 2012
Internet und Gefährdung

Forum Niels Weber. In der Gamerszene trage ich vier Hüte: Ich bin verantwortlich für Projekte im Präventionszentrum Spielsucht «rien ne va plus – nichts geht mehr», für welches ich namentlich im Bereich Videospiele und elektronische Medien tätig bin. Aus­serdem arbeite ich als Psychologe FSP bei der Stiftung «Phénix» in Genf, die sich auf die Behandlung von Suchterkrankungen spezialisiert hat. Dort empfange ich Patienten, die exzessiv Videogames konsumieren, zu Familien- oder individuellen Beratungen. Ich bin zudem Sprecher der Vereinigung «Swiss Gamers Network», in der sich die Liebhaber von Videospielen aus der Westschweiz zusammengeschlossen haben und die auch Informationsanlässe zum Thema Videogames für Eltern oder andere interessierte Personen organisiert. Und schliesslich bin ich selbst seit mehr als 20 Jahren ein leidenschaftlicher Spieler.

Auch wenn das Bewusstsein für die Probleme rund um die Video- und Computergames erst jüngst gewachsen ist, besteht die Problematik doch schon seit Mitte der 80er-Jahre. Erst seit Kurzem werden auch die Spieler selber nach ihrer Meinung gefragt, was zweifellos einen Gewinn für die Prävention und Behandlung darstellt, die in diesem Bereich nicht dramatisieren will. Uns «Gamern» wurden verschiedene Etiketten angeklebt, etwa jene des vereinsamten, Jugendlichen, der für sich allein im Keller spielt, oder aber jene des erfolgreichen jungen Erwachsenen, für den das Spielen in seinem Wohnzimmer Geselligkeit mit seinen Freunden bedeutet. Dieses letzte Bild ist jenes, das wir heute in der Werbung, speziell für die Wii-Heimkonsole von Nintendo, finden. Diese Entwicklung ist ein Zeichen für eine radikale Demokratisierung des Videospiels: Heute spielt jeder, mehr oder weniger häufig, auf einer Vielzahl von Medien vom Computer bis zum Smartphone (ja, auch «Angry Birds» ist ein Videogame...). Elektronische Games sind unkomplizierter, zugänglicher und für alle erschwinglich geworden. Natürlich gibt es auch immer mehr komplexe und schwierige Spiele, aber die Marginalisierung der Spieler verschwindet mehr und mehr. Und wie reagieren die Gamer auf diese Entwicklung? Zum einen glücklich darüber, nicht immer den Mahnfinger gezeigt zu bekommen, haben dennoch viele den Wunsch, sich von der Masse abzuheben und nicht mit den Sonntagsspielern («casual gamers») verwechselt zu werden. Die Gamer müssen ihre Leidenschaft heutzutage nicht mehr rechtfertigen, das Videospiel ist Teil unserer Kultur geworden, dem sogar Ausstellungen gewidmet werden, und die Medien haben fast alle aufgehört, nach Sensationen zu haschen, indem sie Videogames als Sündenbock hinstellen.
Wie aber können die Gamer ihre Identität behaupten? Wenn viel weniger Energie benötigt wird, um sich gegen aussen zu verteidigen, ist es jetzt an der Zeit, sich nach innen zu richten und sich gegenüber der Industrie anspruchsvoller zu zeigen – insbesondere, wenn es um die Qualität der Produkte geht.
Daher sind viele Spieler momentan hin- und hergerissen zwischen den beiden oben beschriebenen Aspekten – eine ziemlich unangenehme Situation. Aber gleichzeitig verfügen wir über die grösste Vielfalt an Unterhaltungselektronik, die es jemals gab.


Niels Weber, Psychologe FSP, Sprecher des «Swiss Gamers Network», Lausanne

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