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Die Fülle an Informationen aus dem Internet kann zum Problem werden

Ausgabe Nr. 122
Okt. 2018
Kommunikation im Gesundheitswesen

Überforderung. Eine Studie des Schweizerischen Roten Kreuzes zeigt, dass Fachleute, die aufmerksam zuhören und Vertrauen aufbauen, die Gesundheitskompetenz ihrer Patientinnen und Patienten steigern können. Zudem hat die Studie ergeben, dass Gesundheitsinformationen aus dem Internet Personen mit niedrigem Bildungs- niveau oft überfordern.

Menschen müssen tagtäglich Entschei- dungen fällen, die sich auf ihre Gesundheit auswirken: Soll ich zum Arzt? Brauche ich eine medizinische Behandlung? Wie kann ich mich gesund ernähren? Wie viel Sport tut mir gut? Um solche Entscheidungen treffen zu können, braucht es Informationen.

Wer sich über Gesundheitsthemen informieren will, benötigt bestimmte Fähigkeiten: lesen, schreiben, die erhaltenen Informationen verstehen, aber auch ihre Qualität beurteilen können. Diese Fähigkeiten sind ausschlaggebend für die Gesundheitskompetenz. Gesundheitskompetenz ist die Fähigkeit des Einzelnen, im täglichen Leben Entscheidungen zu treffen, die sich positiv auf die Gesundheit auswirken.

Mit finanzieller Unterstützung des BAG hat das Schweizerische Rote Kreuz eine qualitative Studie zur Gesundheitskompetenz durchgeführt, insbesondere im Hinblick auf Personen mit niedriger Gesundheitskompetenz sowie Migrantinnen und Migranten. Die Studie umfasste sieben Fokusgruppen mit insgesamt 60 Teilnehmerinnen und Teilnehmern. Die Fokusgruppen wurden betreffend Bildung, Herkunft, Alter und Geschlecht unterschiedlich zusammengesetzt.

Aufmerksames Zuhören

Die Ergebnisse zeigen, dass ein gutes Verhältnis zwischen Patient und Gesundheitsfachperson, das sich durch Vertrauen und aufmerksames Zuhören auszeichnet, zur Entwicklung der Gesundheitskompetenz der Patientinnen und Patienten beiträgt. Diese fühlen sich infolgedessen in ihrem Selbstvertrauen gestärkt, unterstützt und beruhigt, was sich positiv auf das Befolgen von ärztlichen Verordnungen auswirkt. Bei Personen mit niedrigem Bildungsni- veau reichen Vertrauen und Zuhören allerdings oft nicht aus, denn sie sind teil- weise nicht in der Lage, ihre Gesundheitsprobleme hinreichend zu erklären und sich an einem zielführenden, kritischen Dialog zu beteiligen. Die Gesundheitsfachleute müssen sich auf diese Situation entsprechend einstellen. Zum Beispiel sollen Fachpersonen möglichst wenig Fachbegriffe verwenden, wenn nötig Dolmetschende beiziehen und sich bemühen, das spezifische Problem des Patienten oder der Patientin zu verstehen. Denn Personen mit niedrigem Bildungsstand haben oft den Eindruck, dass Fachleute sie aufgrund ihrer Zugehörigkeit zu einer sozial benachteiligten Schicht weniger gut behandeln.

Weiter zeigen die Ergebnisse, dass sich die Befragten in erster Linie via Ärztin und Arzt sowie im Internet über ihre Gesundheit informieren. Im Internet finden sie jedoch nicht immer geeignete und zweckmässige Informationen. Zu einem Problem wird das dann, wenn die Informationen aus dem Internet nicht mit den Informationen der Gesundheitsfachleute übereinstimmen. Dies kann zu einem Konflikt führen, der Patientinnen und Patienten verunsichert und das gegenseitige Vertrauen zwischen Fachleuten und Patient beeinträchtigt. Nicht selten verlassen diese Patienten die Arztpraxis oder das Spital, ohne wirklich verstan den zu haben, welche Informationen stimmen und was sie nun tun sollen. Hier braucht es mehr Offenheit zwischen Arzt und Patient. Die Fachperson muss die Sorgen des Patienten ernst nehmen und auf dessen Vorwissen eingehen, bevor die eigentliche Beratung beginnen kann.

Informationsfülle überfordert

Das grösste Problem bei der Suche nach Informationen im Internet ist weniger deren Verständlichkeit als vielmehr die Informationsfülle und wie der Patient mit dieser Fülle umgehen soll. Die Informationsüberflutung führt oft dazu, dass Personen mit niedrigem Bildungsniveau sich nicht über die Widersprüchlichkeit der Informationen im Internet beschweren, sondern über ihre eigene Unfähigkeit, die richtigen Informationen von  den falschen zu unterscheiden.

Es ist daher wichtig, Personen mit niedrigem Bildungsniveau zu unterstützen, sodass sie Fähigkeiten entwickeln, mit Überinformation besser umzugehen, und wissen, dass es im Internet Informationsquellen zum Thema Gesundheit gibt, die verlässlich und brauchbar sind. Sie brauchen Unterstützung, um gute  von schlechten Informationen unterscheiden und passende Gesundheitsinformationen finden zu können. Für Personen mit niedrigem Bildungsniveau sollten Gesundheitsthemen grundsätzlich leicht verständlich und wenn nötig auch hauptsprachlich aufbereitet wer den. Mithilfe von Videos oder Infografi- ken können komplexe Inhalte besser veranschaulicht werden. Auch die Show-Me- oder Teach-Back-Methode ist hilfreich, um zu gewährleisten, dass Patienten wesentliche Informationen richtig verstanden haben.

Kontakt

Isabelle Villard, Sektion Gesundheitliche Chancengleichheit,  

Bülent Kaya, Gesundheit und Diversität, Schweizerisches Rotes Kreuz,

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