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Zusammenarbeit mit der EU bleibt ein Ziel

Ausgabe Nr. 89
Nov. 2011
Internationales

Gesundheitsabkommen Schweiz–EU. Gesundheitsgefahren machen an der Landesgrenze nicht halt. An einer Zusammenarbeit im Gesundheitsschutz sind deshalb sowohl die Schweiz als auch die EU interessiert.

Grenzüberschreitende Gesundheitskrisen wie SARS, Vogelgrippe, H1N1 oder EHEC werden wegen des zunehmenden internationalen Personen- und Warenverkehrs immer häufiger. Entsprechend wichtig ist eine enge internationale Zusammenarbeit, um diese globalen Gesundheitsgefahren effizient und koordiniert zu bekämpfen. Eine solche Zusammenarbeit strebt die Schweiz derzeit mit der Europäischen Union (EU) an. Ziel der Verhandlungen ist ein bilaterales Gesundheitsabkommen, das dazu beitragen soll, den Gesundheitsschutz national und international langfristig zu gewährleisten und zu steigern. Mit diesem Abkommen wäre die Schweiz in ein Gesundheitssystem integriert, das 500 Millionen Bürger und Bürgerinnen schützt.

Ein Verhandlungsmandat mit vier Themen
Verhandelt werden Vereinbarungen in vier Bereichen, die eng miteinander verknüpft sind: Landwirtschaft, Lebensmittelsicherheit, Produktsicherheit und öffentliche Gesundheit (siehe Tabelle). Der angestrebte Abbau des Grenzschutzes führt dazu, dass Agrarprodukte und Lebensmittel aus der EU ohne zusätzliche Kontrolle in die Schweiz gelangen. Deshalb ist es für die Schweiz unerlässlich, an den bestehenden europäischen Kontroll- und Warnsystemen teilzunehmen. Im Bereich der öffentlichen Gesundheit stehen folgende Punkte im Zentrum der Verhandlungen:
– Zusammenarbeit mit dem Europäischen Zentrum für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten (ECDC). Das ECDC ist verantwortlich für die unabhängige, zentrale Risikobewertung und Überwachung von übertragbaren Krankheiten in der EU.
– Die Teilnahme am Frühwarn- und Reaktionssystem für übertragbare Krankheiten (EWRS). Das EWRS ermöglicht eine rasche und effiziente Reaktion bei Ausbrüchen von übertragbaren Krankheiten in den Mitgliedstaaten.
– Die Teilnahme am EU-Gesundheitsprogramm, das Projekte zur Förderung der Gesundheit mitfinanziert. Das Gesundheitsprogramm hat drei Ziele: einen besseren Gesundheitsschutz der Bürger (z.B. durch Förderung der Zusammenarbeit zwischen den Gesundheitssystemen), die Gesundheitsförderung und Prävention inkl. Abbau von Ungleichheiten in der Gesundheitsversorgung (z.B. durch Förderung von gesunder Ernährung und ausreichender Bewegung) und die Schaffung und Verbreitung von Wissen zu Gesundheitsfragen (z.B. durch Berichte zum Gesundheitsstand).

Beidseitiges Interesse
Durch eine vertraglich geregelte internationale Zusammenarbeit, insbesondere durch den Anschluss an die EU-Warnsysteme, könnte die Schweiz gesundheitliche Risiken und wirtschaftliche Schäden vermeiden oder eindämmen, die durch Krankheiten oder fehlerhafte Waren verursacht werden. Zudem würde die Schweiz durch die Mitarbeit in der ECDC und der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) an der Risikobewertung teilhaben und käme zu wichtigen Informationen, die sie im Alleingang nicht oder nur mit einem beträchtlichen personellen und finanziellen Aufwand zusammentragen könnte. Im Bereich der Prävention von nicht übertragbaren Krankheiten könnte die hiesige Gesundheitspolitik vom breiten Informationsaustausch profitieren, der in der EU auf zwischenstaatlicher und regionaler Ebene und im Rahmen von Expertentreffen stattfindet. Eine Teilnahme am Gesundheitsprogramm wäre schliesslich auch für den Forschungsplatz Schweiz von grossem Interesse. Schweizer Akteure könnten an EU-weiten Gesundheitsprojekten teilnehmen und Projektvorschläge eingeben, die von der EU mitfinanziert würden. Auch die EU ist an einer engen Zusammenarbeit mit der Schweiz interessiert, denn die Schweiz ist durch ihre geografische Lage im Herzen Europas eine wichtige Partnerin für eine wirksame EU-Gesundheitspolitik. Ohne Schweizer Teilnahme würde mitten im EU-Gesundheitssystem eine wesentliche Lücke klaffen. Ein Gesundheitsabkommen Schweiz-EU liegt also in beiderseitigem Interesse.

Voraussetzungen für eine engere Zusammenarbeit
Voraussetzung für das Zustandekommen des Abkommens ist die Übernahme der relevanten EU-Rechtsabkommen (sogenannter Acquis) in den vier Verhandlungsthemen. Im Bereich der öffentlichen Gesundheit muss die Schweiz also Richtlinien, Verordnungen und Entscheide der EU bzw. ihrer Agenturen übernehmen und mittragen. Dazu gehören u.a. auch Bestimmungen bezüglich des Umgangs mit Blut, Gewebe und Zellen oder die Ratifizierung der WHO-Tabakkonvention (FCTC). Die umfassende Umsetzung von Acquis ins Schweizer Recht gestaltet sich in verschiedenen Bereichen als komplexe Herausforderung für die Schweiz. Darüber hinaus hängt ein erfolgreicher Verhandlungsabschluss auch eng mit der weiteren Entwicklung des bilateralen Wegs in anderen sektoriellen Dossiers zusammen, über die derzeit mit der EU ebenfalls verhandelt wird. Der Bundesrat verfolgt diesbezüglich einen gesamtheitlichen und koordinierten Ansatz. Das Gesundheitsabkommen bleibt aber trotz der Hürden ein wichtiges Ziel der schweizerischen Gesundheitspolitik.

Kontakt

Ljubiša Stojanovic, Leiter Sektion EU, ljubisa.stojanovic@bag.admin.ch

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