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Elektronisches Patientendossier: mit einem gemeinsamen Effort zum Erfolg

Ausgabe Nr. 138
Okt. 2023
Elektronisches Patientendossier

Leitartikel. Das elektronische Patientendossier (EPD) wird laufend weiterentwickelt. Dies zum Nutzen aller, der Gesundheitsfachpersonen und der Bevölkerung: Je einfacher und sicherer Gesundheitsdaten verfügbar sind, desto besser für die Patientinnen und Patienten, ihre Angehörigen und das Gesundheitsfachpersonal.

Stephanie geht ins Berner Oberland zum Velofahren. Leider passiert dort ein Malheur, in einer Kurve nicht aufgepasst, das Bein ist gebrochen. Im Spital im Berner Oberland werden Röntgenaufnahmen gemacht, Stephanie bekommt Rezepte, Medikamente und beim Spitalaustritt verschiedene Berichte. Wenn sie ein EPD hat, dann kann sie alle diese Dokumente dort ablegen – und wenn sie nach ihrer Heimkehr nach Zürich bei ihrem Hausarzt zur Kontrolle vorbeigeht, dann kann er alle Dokumente bereits vor dem Termin einsehen. Auch ihrer Apotheke könnte Stephanie Zugriff geben, damit das Apothekenteam die Medikationsliste überprüfen kann.

Dieses Beispiel zeigt, wie das EPD wirkt: Es wirkt, indem es Informationen an einem Ort bündelt und jederzeit zugänglich macht, indem es Gesundheitsfachpersonen über die Kantonsgrenzen hinaus miteinander vernetzt und so Therapien verbessert und Doppelspurigkeit reduziert.

Beim EPD stehen die Patientinnen und Patienten im Zentrum. Sie bestimmen, was in ihr EPD kommt und wer Zugriff darauf erhalten soll. Bisher lagen diese Informationen oft bei der Hausärztin, im Spitalarchiv, beim Physiotherapeuten. Mit dem EPD kommen all diese Daten an einem Ort zusammen. Je besser die Übersicht für die Patientinnen und Patienten ist, desto kompetenter sind ihre Entscheide zur Gesundheit.

Der Nutzen liegt also auf der Hand. Was bei den eigenen Finanzen für viele Menschen in der Schweiz längst alltäglich ist – nämlich ein elektronischer Zugang –, soll auch für die Gesundheit gelten. Das EPD ist ein entscheidendes Puzzlestück, um die Digitalisierung des Gesundheitswesens einen grossen Schritt voranzubringen.

In dieser Ausgabe beschäftigen wir uns daher mit verschiedenen Fragen rund ums EPD: Was bringt es? Wo stehen wir aktuell? Welche Erweiterungen sind für das EPD aufgegleist?

Fragmentiertes System

Das EPD hatte keine einfache «Geburt». Das Schweizer Gesundheitswesen ist stark fragmentiert. Alle Akteure verfügen über eigene IT-Systeme. Das erschwert den Datenaustausch und stellt sich für das EPD, das alle Institutionen verknüpfen soll, als Herausforderung dar. Trotzdem kann es schon einige Erfolge vorweisen. Seit August 2022 ist es für alle Personen in der Schweiz möglich, ein EPD zu eröffnen. Es funktioniert landesweit. Ein wichtiger Punkt dabei: Das EPD steht auf einem soliden gesetzlichen Fundament, dem Bundesgesetz über das elektronische Patientendossier (EPDG). Dieses regelt zum Beispiel, dass jede Patientin und jeder Patient selbst entscheiden kann, wer auf das EPD zugreifen darf, welche Aufgaben die Anbieter haben, und es sorgt für höchste Sicherheit. Da unterscheidet sich das EPD von Gesundheitsapps. Die Patientendaten werden in der Schweiz bei den acht EPD-(Stamm-)Gemeinschaften aufbewahrt, die alle nach den gesetzlichen Vorgaben zertifiziert sind. Das EPD ist zudem die einzige Plattform, welche die Interoperabilität mit allen EPD-Anbietern sowie allen Gesundheitseinrichtungen in der Schweiz gewährleistet.

Das Patientendossier ist in die Digital-Strategien und Programme des Bundes eingebettet. Dazu gehören die von Bund und Kantonen gemeinsam erarbeitete «Strategie eHealth Schweiz 2.0» sowie die vom Bundesrat verabschiedete «Strategie Gesundheit 2030», die der Digitalisierung hohe Priorität einräumt und mit der er die Digitalisierung im Schweizer Gesundheitswesen vorantreiben will.

Das EPD hatte keine einfache «Geburt». Das Schweizer Gesundheits- wesen ist stark fragmen- tiert. Alle Akteure verfügen über eigene IT-Systeme.

Schnittstellen definiert

Gestützt auf diese Grundlagen wurden bereits viele Massnahmen umgesetzt. Die Pandemie hat der Digitalisierung zusätzlichen Schub verliehen und gezeigt: Digitale Grossprojekte auf nationaler Ebene sind in der Schweiz möglich. Davon profitiert auch das EPD. In den vergangenen Jahren wurden die Basis und die Infrastruktur geschaffen, um das EPD umzusetzen.

Nassima Wyss-Mehira, Leiterin Direktionsbereich Digitale Transformation und Steuerung im Bundesamt für Gesundheit (BAG), rät allen, jetzt ein EPD zu eröffnen. «Mit dem EPD habe ich Zugriff auf meine medizinischen Dokumente und entscheide selbst darüber, mit wem diese geteilt werden. Die Infrastruktur steht. Jetzt geht es vorwärts.»

Ganze Behandlungskette abdecken

Spitäler, Geburtshäuser und Pflegeheime sind heute verpflichtet, das EPD einzusetzen und alle behandlungsrelevanten Informationen darin einzutragen. Im Moment sind rund die Hälfte aller Spitäler so weit – Zahl kontinuierlich steigend. Die Spitäler sind am weitesten. Aber auch bei den Alters- und Pflegeheimen, Hausarztpraxen sowie Apotheken geht es vorwärts. Mittlerweile sind beinahe 15 Prozent aller Arztpraxen angeschlossen, bei den Apotheken 5 Prozent.

Mit der Gesetzesrevision, die der Bundesrat im Juni 2023 in die Vernehmlassung gegeben hat, will er das EPD entlang der gesamten Behandlungskette sicherstellen, also auch für Ärztinnen, Apotheker, Physiotherapeutinnen, Chiropraktoren und weitere ambulante Leistungserbringer verbindlich machen. Auch sie sollen sich einer (Stamm-)Gemeinschaft anschliessen und behandlungsrelevante medizinische Dokumente im EPD ablegen.

Fördert auch die Prävention

Manche Leserinnen und Leser werden sich nun vielleicht fragen, was denn das EPD mit Gesundheitsförderung und Prävention zu tun hat? So einiges. Zum Beispiel wenn es um Impfungen geht. In Zukunft soll das EPD als elektronischer Impfausweis dienen. Auf diese Weise wird das Impfbüchlein in Papierformat überflüssig. Auch Daten von Vorsorgeuntersuchungen können ins EPD eingebunden werden. Und: In Zukunft soll es möglich sein, dass Daten zu Puls oder Blutdruck direkt aus einer Smartwatch ins EPD integriert werden können.

Rolle des BAG und von eHealth Suisse

Damit die Ziele erreicht werden können, braucht es den Einbezug aller Akteure – und eine gute Koordination und Information. Diese Rolle übernehmen das BAG sowie eHealth Suisse. Das BAG bereitet für Bundesrat und Parlament die gesetzlichen Grundlagen auf (inklusive Monitoring und Evaluation) und informiert über das EPD. Da die Gesundheitsversorgung grundsätzlich aber in der Zuständigkeit der Kantone liegt, braucht es eine Drehscheibe, welche die Koordination zwischen Bund und Kantonen sicherstellt. Diese Aufgabe obliegt eHealth Suisse.

Nächste Schritte

Um das Potenzial des EPD voll ausschöpfen zu können, muss es stetig weiterentwickelt werden. Die vom Bundesrat im Juni 2023 in Vernehmlassung geschickte Revision sieht dazu verschiedene Erweiterungen vor. So soll künftig zum Beispiel für alle Personen mit Wohnsitz in der Schweiz automatisch ein EPD eröffnet werden. Wer das nicht möchte, kann dem widersprechen (Opt-out-Modell). Neben der Ausweitung auf alle ambulant tätigen Gesundheitsfachpersonen schlägt der Bundesrat zudem vor, Daten in geeigneter Form für die Forschung freizugeben, falls die Patientinnen und Patienten dies wünschen.

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Kontakt

Nassima Wyss­-Mehira
Leiterin Direktionsbereich Digitale Transfor­mation und Steuerung im BAG

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