Aus den Erfahrungen mit Alkohol und Tabak lernen
Dez. 2023Cannabispolitik – wie weiter?
Erfahrungen aus dem Umgang mit der Alkohol- und Tabakregulierung können auch für eine künftige Cannabisregulierung hilfreich sein: Eine angemessene Preispolitik, die Beschränkung der Produkteverfügbarkeit oder Werbeverbote sind effektive Massnahmen, um den legalen Suchtmittelkonsum einzudämmen, wie eine Studie im Auftrag des Bundesamtes für Gesundheit (BAG) zeigt.
Obwohl Cannabisprodukte sich von Alkohol und Tabak unterscheiden und sehr vielseitig verwendet werden, lassen sich grundsätzliche Erkenntnisse aus der Alkohol- und Tabakregulierung auf die Regulierung von Cannabis übertragen. Zu diesem Schluss kommt eine systematische Literaturübersicht der Universität von New South Wales (Australien), die im Auftrag des BAG durchgeführt wurde.*1
Verkaufspreis verteuern
Die Studie untersucht acht strukturelle Massnahmen aus dem Alkohol- und Tabakbereich, die zum Ziel haben, einem risikoreichen Substanzkonsum vorzubeugen, die Schäden bei den Konsumierenden zu mindern und Minderjährige zu schützen. Preisliche Massnahmen zur Verteuerung der Produkte, etwa Lenkungsabgaben, Steuern oder Mindestpreise, gehören demnach zu den wirksamsten Massnahmen zur Reduktion des Suchtmittelkonsums. Sie können auch nach Produktekategorien abgestuft werden, um den Umstieg von risikoreicheren zu risikoärmeren Produkten zu begünstigen (z.B. von rauchbaren Produkten zu solchen, die verdampft oder geschluckt werden).
Jugendschutz berücksichtigen
Neben den preislichen Massnahmen haben sich auch Massnahmen zum Schutz vor Passivrauchen bewährt, beispielsweise die Begrenzung des Konsums auf bestimmte Orte, was sowohl den Konsum als auch Schäden bei Dritten reduziert. Umfassende Werbeverbote und die Einschränkung der Verfügbarkeit (zum Beispiel durch Begrenzung der Anzahl Verkaufsstellen oder der Öffnungszeiten) sind ebenfalls wirksame Massnahmen, um den legalen Suchtmittelkonsum zu reduzieren. Diese strukturellen Massnahmen sind effektiver als Massnahmen der Verhaltensprävention (etwa Präventionskampagnen).
Auch im Bereich Jugendschutz können effektive Präventionsmassnahmen umgesetzt werden: Neben dem Verbot der Abgabe an Minderjährige sind Einschränkungen problematischer Produktemerkmale, die Jugendliche besonders ansprechen, effektiv: keine aromatisierten Zusatzstoffe, Süssstoffe etc. Diese Massnahmen sind jedoch nur wirksam, wenn sie kontrolliert werden, etwa durch Testkäufe und Lizenzentzüge.
Chance für Prävention
Im europäischen Vergleich ist die Schweiz im Bereich Tabak und Alkohol weit weniger restriktiv als andere Länder und macht von den erwähnten strukturellen Massnahmen der Prävention kaum Gebrauch. Eine Neuorientierung der Cannabispolitik mit einem legalen, aber streng geregelten Zugang zu kontrollierten Cannabisprodukten bietet aus Sicht der öffentlichen Gesundheit eine einmalige Chance, es besser zu machen und die wichtigsten Erkenntnisse aus der Regelung von legalen Suchtmitteln zu berücksichtigen.
Quellen
*1 Ritter, A., Barrett, L., O’Reilly, K., & Wilkinson, C. (2022): Lessons learnt from alcohol and tobacco for cannabis regulation: Sydney: University of New South Wales