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Wenn Angestellte Angehörige betreuen, sind auch die Unternehmen gefordert

Ausgabe Nr. 133
Mär. 2022
Betriebliches Gesundheitsmanagement

Zahlreiche Unternehmen in der Schweiz kommen ihren Angestellten entgegen, wenn diese die beruflichen Anforderungen und die Betreuung von Angehörigen unter einen Hut bringen müssen. Von solchen Lösungen profitieren letztlich auch die Unternehmen.

In der Schweiz übernehmen etwa 600 000 Personen Betreuungsaufgaben für Angehörige, wie der Synthesebericht des Förderprogramms «Entlastungsangebote für betreuende Angehörige 2017–2020» festhält. Zwei von drei Erwachsenen mit Betreuungsaufgaben sind erwerbstätig – und müssen die Betreuung ihrer Angehörigen mit ihrer Erwerbstätigkeit vereinbaren. Mehrere Studien des Förderprogramms belegen, dass viele betreuende Angehörige ihre Erwerbstätigkeit beibehalten wollen. Tatsächlich gilt die Erwerbstätigkeit als wichtiger Schutzfaktor für die Gesundheit von betreuenden Angehörigen, denn die Erwerbstätigkeit sorgt dafür, dass die Betreuenden sozial integriert bleiben und nicht in finanzielle Schwierigkeiten geraten. Damit die betreuenden Angehörigen den zahlreichen Anforderungen daheim und bei der Arbeit gerecht werden können, sind sie auf gute Rahmenbedingungen angewiesen. Als wichtiger Schritt auf diesem Weg ist im Jahre 2021 das Bundesgesetz über die Verbesserung der Vereinbarkeit von Erwerbstätigkeit und Angehörigenbetreuung in Kraft getreten, das beispielsweise die Fortzahlung des Lohns bei kurzen Arbeitsabwesenheiten regelt sowie erwerbstätigen Eltern einen 14-wöchigen Urlaub für die Betreuung von schwer kranken oder verunfallten Kindern gewährt.

Allerdings sind bei der Vereinbarkeit von Erwerbstätigkeit und Angehörigenbetreuung auch die Unternehmen gefordert. Eine im Rahmen des Förderprogramms durchgeführte Online-Befragung von insgesamt 2287 Betrieben in der Schweiz mit fünf oder mehr Mitarbeitenden hat gezeigt, dass betreuende Angehörige kein Randphänomen sind: In den letzten drei Jahren mussten sich 673 Betriebe schon mit dieser Thematik auseinandersetzen. Das sind knapp 30 Prozent aller befragten Unternehmen. Aus der Umfrage geht hervor, dass sich die allermeisten Betriebe (96 ) um eine Lösung bemühen – und ihren Angestellten etwa mit Absprachen im Team (79  der Betriebe), mit flexiblen Arbeitszeiten (77 ) oder mit einer vorübergehenden Reduktion des Arbeitspensums (58 ) entgegenkommen. Dies dürfte auch mit dem Umstand zu tun haben, dass viele dieser Massnahmen zwar mit einem gewissen Aufwand, aber nur mit geringen direkten Mehrausgaben für die Unternehmen verbunden sind. Die Autorinnen der Online-Befragung haben zudem eine Reihe von Faktoren identifiziert, welche die Umsetzung von Massnahmen im Betrieb erleichtern. So lassen sich vor allem dann flexible Lösungen finden, wenn es klare Regelungen für Stellvertretungen gibt und wenn die Arbeit so organisiert ist, dass möglichst wenig Aufgaben auf nur eine Person konzentriert sind.

Individuelle Vereinbarungen oft die besten Lösungen

Es gilt, Vorgesetzte – sowie auch die gesamte Belegschaft – von Unternehmen zu sensibilisieren, damit Massnahmen, die schon bei der Kinderbetreuung zum Zug kommen, auch auf Personen angewendet werden können, die ältere Angehörige betreuen. Dieser Grundsatz kommt beim «Elder-Care»-Konzept zum Zug, mit dem zum Beispiel Roche in der Schweiz ihre Mitarbeitenden unterstützt. Die Kinderbetreuung lässt sich aber nur bedingt mit der Betreuung von Angehörigen vergleichen. In der Umfrage äusserte die Mehrheit der Betriebe die Ansicht, dass individuelle Vereinbarungen zwischen Arbeitgebenden und Arbeitnehmenden zu besseren Lösungen führen als gesetzliche Vorgaben. Doch weil die Vereinbarkeit von Erwerbstätigkeit und Angehörigenbetreuung aufgrund der demografischen Entwicklung voraussichtlich weiterhin an Relevanz gewinnt, können sich viele Unternehmen auch weitere Rechtsanpassungen vorstellen.  Eine grosse Mehrheit der Befragten bestätigt, dass es sich auch aus Sicht der Unternehmen lohnt, die Vereinbarkeit von Erwerbsarbeit und Angehörigenbetreuung zu fördern. Den grössten Nutzen von diesbezüglichen Massnahmen sehen die Unternehmen in der Zufriedenheit ihrer Mitarbeitenden – und im Erhalt von gutem Personal. Mit dieser Thematik wird sich auch der Bund in den kommenden Monaten befassen – im Zusammenhang mit der Beantwortung des Postulats 21.3232 «Kosten-Nutzen-Analyse der Massnahmen, die Unternehmen für ihre Angestellten zur Vereinbarkeit von Erwerbstätigkeit und Angehörigenbetreuung ergriffen haben».

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Kontakt

Esther Walter
Sektion Nationale Gesundheitspolitik

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