Medienkonsum im Jugendalter
Mär. 2021Verhaltenssüchte
Gamen, Bilder posten, mit Freunden chatten – Jugendliche verbringen unzählige Stunden online. Die Studie «Health Behaviour in School-aged Children» (HBSC) liefert Erkenntnisse zu Medienkonsum und Gesundheit.
Über die Hälfte der Schweizer Jugendlichen zwischen 11 und 15 Jahren sind mehrmals täglich online. Mit Abstand am beliebtesten sind Fernsehen und Videos schauen, z.B. Youtube, oder andere Formen der Bildschirmunterhaltung. Das zeigt die Studie «Health Behaviour in School-aged Children» (HBSC).
Jungen verbringen im Vergleich zu Mädchen täglich etwas mehr Zeit mit Fernseh- und Videoschauen und viel mehr Zeit mit Videospielen. Mädchen hingegen beschäftigen sich eher mit anderen bildschirmbasierten Aktivitäten wie beispielsweise sozialen Netzwerken und im Internet surfen. Jugendliche kommunizieren online am häufigsten mit ihren besten Freunden, gefolgt von Eltern, Geschwistern und Mitschülerinnen und Mitschülern. Das weist auf die entscheidende Rolle hin, die Gleichaltrige im Jugendalter spielen, sowohl digital als auch offline. Obwohl Online-Kontakte an Bedeutung gewinnen, bevorzugt die Mehrheit der Jugendlichen, über Intimes (Geheimnisse, Sorgen, Gefühle) persönlich zu sprechen.
Rasante Entwicklungen im Internet
Eine Herausforderung, die Online-Kontakte mit sich bringen, ist die Anonymität. Die emotionale Distanz vermittelt ein Gefühl des Schutzes. Sie kann dann gefährlich sein, wenn sie dazu führt, dass Jugendliche intime Details preisgeben. In der virtuellen Welt senkt Anonymität zudem die Hemmschwelle, eine andere Person zu beleidigen oder zu verletzen. In der HBSC-Befragung gab jede zehnte Schülerin oder jeder zehnte Schüler an, in den letzten 12 Monaten Cybermobbing erlebt zu haben, 5% gaben an, in diesem Zeitraum selber jemanden gemobbt zu haben.
Das Online-Verhalten ändert sich rasch und stellt Praxis und Forschung laufend vor neue Herausforderungen. Beispielsweise im Bereich der Online-Spiele: Hier kommt es zu einer Zunahme der Möglichkeiten von kostenpflichtigen Zusatzangeboten. Diese sorgen innerhalb der Spiele für einen Vorteil (z.B. Lootboxen). Diese Möglichkeiten sind in der Schweiz nicht reguliert; sie stehen sinnbildlich für die zunehmende Vermischung zwischen Gaming und Gambling (Geldspiel).
Im Rahmen der HBSC-Studie konnten statistische Zusammenhänge zwischen Gesundheit und Bildschirmnutzung sowie der problematischen Nutzung von sozialen Medien festgestellt werden. Allerdings erlaubt die Studie keine Rückschlüsse auf Wirkungszusammenhänge. Dazu müssten zusätzliche Längsschnittstudien durchgeführt werden.
Die statistischen Analysen haben aber gezeigt: Je mehr Zeit Jugendliche vor dem Bildschirm verbringen und je mehr Probleme sie mit sozialen Medien haben, desto häufiger treten chronische Kopfschmerzen, Rückenschmerzen und Schwindel auf. Dies lässt sich möglicherweise mit einer schlechten Körperhaltung vor dem Bildschirm oder Augenermüdung erklären.
Auch chronische Schlafstörungen treten häufiger auf. Verschiedene Faktoren könnten die Dauer und Qualität des Schlafs negativ beeinflussen, z.B. das Blaulicht der Bildschirme in den Stunden vor dem Schlafengehen. In diesem Zusammenhang ist auch die Erkenntnis aus der HBSC-Studie interessant, dass chronische Müdigkeit seit 2002 sehr stark zugenommen hat (von 33% auf 48%).
Jugendliche mit starker Bildschirmnutzung konsumieren eher Suchtmittel wie Tabak, Alkohol und Cannabis, trinken eher Energy-Drinks und ernähren sich ungesünder. Zudem sind sie eher übergewichtig und haben ein negativeres Körperbild.
In der HBSC-Studie wurden auch starke Zusammenhänge von häufiger Bildschirmnutzung und chronischen psychoaffektiven Beschwerden wie Gereiztheit, Wut, Traurigkeit oder Besorgnis festgestellt.
Relations entre temps devant les écrans et santé
L’étude HBSC a mis en évidence des relations statistiques entre la santé, d’une part, et l’utilisation des écrans et un recours problématique aux réseaux sociaux, d’autre part. Toutefois, elle ne permet pas de tirer de conclusions quant aux relations de cause à effet. Il faudrait des études longitudinales supplémentaires pour élucider ces liens.
Cependant, des analyses statistiques ont montré que plus les adolescents passent du temps devant les écrans et ont des problèmes avec les réseaux sociaux, plus il est fréquent qu’ils souffrent de maux de tête, de douleurs dorsales et de vertiges chroniques. Cela pourrait s’expliquer par une mauvaise posture corporelle devant l’écran ou une fatigue oculaire.
Les troubles chroniques du sommeil sont aussi plus fréquents. Plusieurs facteurs pourraient avoir un impact négatif sur la durée et la qualité du sommeil. Citons notamment l’exposition à la lumière bleue des écrans dans les heures qui précèdent le coucher. L’étude HBSC a d’ailleurs permis une autre observation intéressante dans ce contexte : la prévalence de la fatigue chronique a beaucoup augmenté depuis 2002, passant de 33 % à 48 %.
Les adolescents qui passent beaucoup de temps devant les écrans ont davantage tendance à consommer des substances addictives comme du tabac, de l’alcool et du cannabis et à boire des boissons énergisantes. Leur nourriture est également moins saine. Par ailleurs, ils sont plutôt en surpoids et ont une image plus négative de leur corps.
Soulignons enfin que l’étude HBSC a également mis en évidence de fortes relations entre un usage fréquent des écrans et des troubles psychoaffectifs chroniques tels qu’irritabilité, colère, tristesse ou inquiétude.
Snapchat, Instagram und Tiktok – problematisch?
Bisher gibt es keine einheitlichen Kriterien zur Erkennung einer problematischen Internetnutzung. Gemäss der Schweizerischen Gesundheitsbefragung 2017 sind aber Jugendliche zwischen 15 und 19 Jahren am stärksten betroffen.
Welchen Schwierigkeiten Jugendliche im Umgang mit den sozialen Medien begegnen, auch das hat die HBSC-Studie erhoben. Die Fragen hat sie anhand der Skala «The Social Media Disorder Scale» von van den Eijnden und Kollegen (2016) gestellt. Wenn 6 von 9 Fragen mit Ja beantwortet wurden, wurde dies als problematische Nutzung definiert. In der Schweiz weisen demnach 4 eine problematische Nutzung von sozialen Medien auf. Der Ländervergleich zeigt: Die Schweiz gehört zu den europäischen Ländern, in denen die problematische Nutzung der sozialen Medien am wenigsten verbreitet ist.
«Wie lange?» und «Welche Konsequenzen?»
Bei der Diskussion rund um die Bildschirmnutzung ist zu unterscheiden zwischen problematischer Nutzung (im Sinne eines Kontrollverlustes) und gesundheitlichen Aspekten.
Bei der problematischen Nutzung bestimmt nicht nur die Dauer, ob sie problematisch werden kann oder nicht, sondern auch die negativen Konsequenzen der Nutzung. Wenn negative Gefühle und Konflikte auftreten oder andere Aktivitäten oder Verpflichtungen zugunsten des Online-Seins vernachlässigt werden, dann kann die Nutzung problematisch werden.
So nutzt gemäss HBSC-Studie ein Drittel der Mädchen oft soziale Netzwerke, um vor negativen Gefühlen zu flüchten. Und 38% der Mädchen und 24% der Jungen haben vergeblich versucht, weniger Zeit in sozialen Netzwerken zu verbringen. Jugendliche, die sonst auch Probleme haben, waren häufiger online und wiesen eher eine problematische Nutzung von sozialen Medien auf als andere. Aus gesundheitlicher Sicht spielt die Dauer der Bildschirmnutzung also sehr wohl eine Rolle (z.B. für die Augen, den Rücken, den Schlaf) und trägt massgeblich zum Bewegungsmangel bei.
Begleitung durch Eltern und Bezugspersonen
Digitale Medien sind omnipräsent, sei es zur Unterhaltung, zum Lernen oder zur Kommunikation. Sie bieten viele Chancen, bergen unter bestimmten Anwendungsbedingungen aber auch Risiken. Die Auswirkungen von regelmässigem Medienkonsum sind von vielen, teils individuellen Faktoren abhängig. Jugendliche brauchen deshalb einen altersgerechten Umgang mit Medien. Eine fehlende Begleitung durch Eltern oder andere erwachsene Bezugspersonen kann zu einer problematischen Nutzung führen.
Für die Akteure im Bereich Prävention bedeutet dies, Jugendliche und Erwachsene für die Risiken der digitalen Welt zu sensibilisieren und die Medienkompetenz und die Verbreitung von Nutzungsempfehlungen zu fördern. Hierzu können auch Schulen einen wichtigen Teil beitragen. Mit dem Lehrplan 21 in der Deutschschweiz, dem Plan d’études romand (PER) in der Romandie und dem Piano di Studio im Tessin hat die Medienbildung einen festen Platz in der Schule erhalten. Auch gilt es, angrenzende Themenfelder der Mediennutzung miteinzubeziehen, zum Beispiel Beziehungen zum sozialen Umfeld oder zum eigenen Körperbild. Denn die Themen der digitalen Welt gehen über Gesundheitsfragen hinaus.
Forschung zur digitalen Mediennutzung
In der Studie «Health Behaviour in Schoolaged Children (HBSC)» werden 11 bis 15jährige Jugendliche zu ihrer Gesundheit und zu ihrem Gesundheitsverhalten befragt. Sie steht unter der Schirmherrschaft der WHO und wird alle vier Jahre durchgeführt. Im Jahr 2018 haben in der Schweiz rund 11000 Schülerinnen und Schüler teilgenommen.
Synthesebericht zur problematischen Internetnutzung
Im Auftrag des BAG erstellen der Fachverband Sucht und GREA periodisch einen Synthesebericht über die aktuelle Lage der Schweiz. Er stützt sich auf Einschätzungen von Fachpersonen, aktuelle Fachliteratur und epidemiologische Daten. Der neuste Bericht ist im November 2020 erschienen.
Quellen
Ambord, S., Eichenberger, Y. & Delgrande Jordan, M. (2020). Gesundheit und Wohlbefinden der 11- bis 15-jährigen Jugendlichen in der Schweiz im Jahr 2018 und zeitliche Entwicklung – Resultate der Studie «Health Behaviour in School-aged Children» (HBSC) (Forschungsbericht Nr. 113). Sucht Schweiz.
Delgrande Jordan, M. & Masseroni, S. (2020). Bildschirme, Internet und soziale Medien bei den 11- bis 15-jährigen Schülerinnen und Schülern in der Schweiz im Jahr 2018.